Herne. . Der Wanne-Eickeler Marco Schwenke erhielt für seine Masterarbeit zum Verhältnis von Preisverhandlungen und Rabatten den Wissenschaftspreis 2015.
Es ist das erste Gebot im Einzelhandel: „Der Kunde ist König.“ Unternehmen tragen das Ziel der Kundenorientierung beinahe wie eine Monstranz vor sich her. Doch das kann ihnen finanzielle Nachteile bringen. Das hat der Wanne-Eickeler Marco Schwenke nachgewiesen. Für seine Masterarbeit an der Ruhr-Universität Bochum unter dem Titel „Die dunkle Seite der Kundenorientierung“ erhielt Schwenke vor wenigen Tagen den bundesweit renommierten Wissenschaftspreis 2015.
Um zu verdeutlichen, worum es geht und welche weitreichende Bedeutung Schwenkes Erkenntnisse haben könnten, dient das Beispiel des Neuwagenkaufs. Klar ist, dass der Verkäufer bestrebt ist, bei der Wahl des Modells die Kundenbedürfnisse zu befriedigen: Welche Farbe, wie viel PS, beheizbare Sitze? Dieses Verhalten schafft Mehrwerte für Kunden und Verkäufer. „Wie sich Kundenorientierung nun aber auf Preisverhandlungen auswirkt, wurde bislang noch nicht untersucht“, erzählt der 31-Jährige. Schließlich wird gerade beim Autokauf intensiv um Rabatte gefeilscht. Im Durchschnitt liegen sie bei Neuwagen um 20 Prozent.
Irrglaube von Managern widerlegt
In einer Befragung mit 144 deutschen und 100 US-amerikanischen Vertriebsleitern stellte sich heraus, dass eine deutliche Mehrheit glaubt, dass eine hohe Kundenorientierung höhere Rabatte verhindern kann. „Doch da liegen sie falsch“, betont Schwenke. Das Gegenteil sei der Fall. Kundenorientierte Verkäufer gewähren höhere Nachlässe. Im Durchschnitt 2,46 Prozent. Das entspricht bei einem Verkaufspreis von 27 960 Euro etwa 700 Euro. Das ist das erstaunliche Ergebnis einer groß angelegten Studie, für die Schwenke über 300 Verkaufsgespräche und Kundenbefragungen heranzog.
Schwenke fand im Zuge einer weiteren Erhebung heraus, dass in diesem Zusammenhang die Beziehung zwischen Verkäufer und Kunde eine wichtige Rolle spielt. „Wird der Verkäufer als eine Art Freund gesehen, sinkt die Hemmschwelle beim Kunden, nach einem höheren Rabatt zu fragen. Wird er eher als Geschäftspartner betrachtet, ist die Hemmschwelle höher“, so Schwenke.
Handelsunternehmen dürften Schwenkes Masterarbeit mit hohem Interesse zur Kenntnis nehmen, denn sie gibt ihnen Anhaltspunkte, wie sie ihren finanziellen Erfolg erhöhen können. So könnten in Schulungen Verkäufer für die besondere Beziehung zum Kunden sensibilisiert werden, möglich seien auch Rabattlimitierungen, so Schwenke. Mit Sicht auf den Autokauf könnte er sich folgende Situation vorstellen: Das Modell wird im großen Verkaufsraum ausgewählt, doch die Preisverhandlungen in einem separaten Büro geführt, um eine geschäftsmäßige Atmosphäre zu schaffen - um den Rabatt niedrig zu halten.
Schwenke, der Doktorand an der Ruhr-Uni ist, will seine Erkenntnisse in der Zukunft weiter vertiefen.
Er selbst hat übrigens noch keinen Neuwagen gekauft, nur einen „Gebrauchten“. Sein Rabatt nach zäher Verhandlung: null Prozent.
Preis ist mit 5000 Euro dotiert
Um den Wissenstransfer zwischen der Wissenschaft und Praxis zu forcieren, wird der Wissenschaftspreis seit 2008 ausgelobt. Neben Wissenschaftlern sitzen in der Jury Vertreter von namhaften Unternehmen, unter anderem IKEA, Douglas, Poco oder Electronic Partner. Der Preis ist mit insgesamt 38 000 Euro dotiert, Schwenke erhält für seine Masterarbeit 5000 Euro. Marco Schwenke ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sales & Marketing Department der Ruhr-Uni. Info: www.ruhr-uni-marketing-lehrstuhl.de