Herne. . Elisabeth Röttsches hatte schon eine Lesung mit ihm vereinbart, bevor er den Deutschen Buchpreis erhielt. Jetzt las Lutz Seiler in Herne.

Buchhändlerin Elisabeth Röttsches traf im Sommer 2014 eine gute Entscheidung. Sie buchte beim Suhrkamp-Verlag eine Lesung mit Lutz Seiler. Wenige Tage später stellte sich heraus, dass der Autor den Deutschen Buchpreis erhalten sollte. Nun las er aus seinem ersten Roman „Kruso“ in der Alten Druckerei.

Der Verlag schickte seinen Autor nicht allein auf Lese-Reise. Auf dem Podium übernahm Suhrkamp-Repräsentant Michael Geißler die Rolle des Moderators und Stichwortgebers. Der Verlag hat unruhige Zeiten erlebt. Nun blickt man wieder nach vorn, konzentriert sich auf die Literatur. Und auf Autoren wie Lutz Seiler, der die Zuhörer mit trockenem Humor für sich einnahm und über die Meditation des Abwaschs philosophierte.

Wer seinen ersten Roman zur Hand nimmt, darf es nicht eilig haben, er darf nicht zu begierig sein auf den Fortgang der Geschichte. Denn für Seiler ist der Weg das Ziel, er verweilt beim Erzählen und genauen Beschreiben. Seine Szenen besitzen sinnliche Qualität. Seiler webt Farben, Gerüche, Geräusche in seinen Text, und durch die Alte Druckerei ging bei der Lesung ein Hauch von Küchendunst und Ostseebrise. „Kruso“ spielt auf der Insel Hiddensee im Wende-Jahr 1989. Dort haben die Abtrünnigen des DDR-Regimes und die Sonderlinge einen Rückzugsort gefunden, mancher plant die Flucht übers Meer. Auf Hiddensee strandet auch der Student Ed, der Freundschaft schließt mit dem Küchenmitarbeiter Kruso und den übrigen Saisonkräften, die den Betrieb im Ausflugslokal „Klausner“ am Leben halten. Das mühsam kontrollierte Chaos, das dort zu Stoßzeiten in Küche und Abwaschkeller ausbricht, hat der Autor selbst erlebt, als er sich dort als Tellerwäscher verdingte. Das skurrile Personaltableau seines ersten Romans hat also reale Vorbilder, verriet Seiler, der 1963 in Gera geboren wurde und erst nach einer Ausbildung zum Baufacharbeiter („mit Abitur!“) zu schreiben begann.

Das Potenzial der Saisonkräfte von Hiddensee ist noch nicht ausgeschöpft. „Das nächste Buch wird direkt an Kruso anschließen“, kündigt Seiler an. In Berlin wartet schon der Abwasch.