Weil immer mehr Flüchtlinge nach Herne kommen, hat die Stadt eine vierte Unterkunft eingerichtet. Gestern zogen drei Familien nach Horsthausen um. Doch niemand weiß, wie lange sie bleiben.

Blaue Müllsäcke auf braunem Laminatboden, darin Klamotten. Es ist das ganze Hab und Gut der vier Azirovic-Kinder – mehr besitzen sie nicht. Das Haus: unscheinbar, die Möbel: zweckmäßig. Die Wohnung immerhin ist frisch renoviert, sie besteht aus zwei Zimmern, Küche und Bad. „Das ist eine echte Verbesserung“, sagt Dejan Azirovic, „bislang haben wir zu sechst in einem einzigen Zimmer gelebt.“

Der 41-Jährige ist das Oberhaupt einer Roma-Familie aus Serbien. Gestern zog sie in eine eigene Wohnung. Horsthausen, Gneisenaustraße, drei Flüchtlingsfamilien mit insgesamt elf Kindern finden hier Platz. Die Hausnummer soll geheim bleiben, das Sozialamt fürchtet Hakenkreuz-Schmierereien an der Fassade. Hunderte Flüchtlinge leben in Herne – dass ausgerechnet Familie Azirovic in das von der Stadt angemietete Mehrfamilienhaus ziehen durfte, verdankt sie ihrer „günstigen Sozialprognose“, wie Brigitte Bartels sagt, die Leiterin des städtischen Fachbereichs Soziales. „Sie können die Sprache, sie haben soziale Kontakte in der Stadt, die Kinder gehen auf die Hans-Tilkowski-Schule. Und sie sind etwa mit dem Prinzip der Müllentsorgung vertraut, was nicht bei jedem Flüchtling der Fall ist.“

Die Ausstattung ist spartanisch

Die Wohnungsausstattung ist spartanisch. Doppelbetten für die Kinder, Schränke, Stühle, alles „schlicht und praktikabel“, so Bartels. Dazu Kühlschrank, Herd, Spüle, Waschmaschine. Schön geht anders, aber das Möbiliar ist Standard in Asyl-Unterkünften. Während die Azirovics im ersten Stock die Metallbetten für die Kinder zusammenbauen, richtet sich Familie Ibric im Erdgeschoss schon häuslich ein. In der Küche liegt ein Teppich, die Wände wollen sie mit Familienfotos schmücken. „Wir wissen nicht, wie lange wir hier bleiben dürfen. Aber für die Zeit, die wir in Herne leben, möchten wir es gemütlich haben“, sagt Vater Dusko. Auch seine Familie stammt aus Serbien, er spricht verständliches Deutsch. „Wir waren schon drei-, viermal in Deutschland. Immer für ein paar Monate. Aber dann wurden wir wieder zurückgeschickt. Hoffentlich dürfen wir diesmal bleiben.“

Das hofft auch Dejan Azirovic. Das letzte Jahr lebte die Familie am Zechenring, in einem schmucklosen Container neben der Autobahn, den die Stadt Anfang 2014 aufstellte, um den immer neuen Flüchtlingen irgendwie Herr zu werden.

Ob seine Familie bleiben darf, weiß Dejan Azirovic nicht. Er ist sich bewusst, dass sie bald abgeschoben werden könnten. Doch die Hoffnung auf ein besseres Leben gibt er nicht auf. „Im Sommer wird unser Ältester 20“, sagt Azirovic. „Wir wollen, dass er in Herne eine Ausbildung macht.“