Herne. . Ifürel-Geschäftsführer Henrich Kleyboldt spricht im Samstagsinterview über die Kultur in seinem Unternehmen und über die schwierige Fachkräftesuche.
In fast 140 Berufen droht in den nächsten Jahren ein akuter Fachkräftemangel. Das hat das Institut der Deutschen Wirtschaft in einer Studie ermittelt. Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit, schlug sogar vor, dass Arbeitnehmer freiwillig bis zum 70. Lebensjahr weiterarbeiten. Auch Herner Unternehmen klagen zunehmend über die vergebliche Suche nach Fachkräften. Zu ihnen gehört der Industriedienstleister Ifürel. Geschäftsführer Henrich Kleyboldt erläutert im Gespräch mit WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann mögliche Ursachen und Strategien, dem Mangel entgegen zu wirken.
Herr Kleyboldt, im Konjunkturausblick der WAZ hatten Sie berichtet, dass Ifürel im vergangenen Jahr die Belegschaft um etwa 100 Mitarbeiter aufgestockt hat. Das hört sich zunächst nicht nach Mangel an.
Kleyboldt: Wir haben 2014 viele Mitarbeiter beschäftigt, die eigentlich nicht die nötige Qualifikation für die Anforderungen mitgebracht haben. Um dieselbe Qualität der Arbeit für den Kunden zu gewährleisten, steigt unser Aufwand, und wir werden ineffizient. Qualität aber ist für unser Unternehmen extrem wichtig. Wir sind ein Dienstleister, und wir verdienen unser Geld damit, dass unsere Fachkräfte in sehr sensiblen Bereichen von Industrieanlagen gute Arbeit leisten. Leider stellen wir fest, dass wir gut ausgebildete Fachkräfte mit Erfahrung am Markt einfach nicht finden.
Haben Sie eine Erklärung dafür?
Es gibt schlichtweg zu wenig Nachwuchs. Vielleicht ist es so, dass sich junge Leute nicht mehr so mit technischen Berufen beschäftigen. Vielleicht wird auch in der Schule zu wenig für die technischen Fächer begeistert. Vielleicht werden aber auch kaufmännische Berufe überschätzt und handwerkliche unterschätzt.
Aber Sie könnten ja für den eigenen Bedarf ausbilden...
...das machen wir ja schon. Wir haben in diesem Ausbildungsjahr die Zahl der gewerblichen Auszubildenden von drei auf sieben erhöht. Doch wir stellen bereits bei der Auswahl der Bewerber fest, dass es schwierig ist, gute Leute zu finden. Im Übrigen können wir einfach nicht gegen den Fachkräftemangel ausbilden.
Wie versuchen Sie dann, neue Mitarbeiter zu gewinnen?
Wir müssen unsere Attraktivität als Arbeitgeber erhöhen. Zum Beispiel durch die Schaffung von fairen Arbeitsbedingungen.
Das müssen Sie erklären.
Wir haben uns vor einiger Zeit die Frage gestellt, welche Aspekte neben einem angemessenen Einkommen für Mitarbeiter wichtig sind.
Und das Ergebnis?
Dazu gehören sicherlich Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb des Unternehmens und ein respektvoller Umgang im täglichen Miteinander. Das alles wird getragen von einer entsprechenden Führungskultur.
Wie sieht denn diese Führungskultur aus bei Ifürel?
Wir haben uns überlegt, wie wir Mitarbeiter führen wollen, wie wir mit Fehlern umgehen, wie wir schneller zu Lösungen kommen.
Und zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?
Es muss Vertrauen geben, und alle müssen das selbe Wertesystem haben. Und das fängt ganz oben bei mir als Geschäftsführer an. Ich muss Fairness vorleben und in den Interessen meines Gesprächspartners denken. 2013 sind wir der UN-Initiative Global Compact beigetreten und haben uns verpflichtet, Menschenrechte zu achten, Arbeitsnormen einzuhalten, für den Umweltschutz einzutreten und jede Form von Korruption zu bekämpfen. Das, was wir erreicht haben, haben wir im ersten Jahresbericht festgehalten. Darüber hinaus sind wir im Gegensatz zu einigen Mitbewerbern tariftreu und bieten eine betriebliche Altersvorsorge über das normale Maß hinaus.
Das kostet doch sicherlich alles Geld?
Wir glauben, dass wir unter dem Strich mit fairen Arbeitsbedingungen sogar Geld sparen. Aber letztlich geht es bei den fairen Arbeitsbedingungen nicht nur um die Gewinnung von Fachkräften, es geht auch darum, das Unternehmen für die nächste Generation aufzustellen.