Herne. . Vor 30 Jahren zogen die Grünen erstmals in den Herner Rat ein. Jörg Höhfeld und Wolfgang Heinzel blicken auf spannende Jahre zurück.
Bärte, Pilotenbrillen, Midi-Rock und Schulterpolster: So sah sie aus, die Wählergemeinschaft der Grünen, als sie 1984 zum ersten Mal in Herne zur Kommunalwahl antrat - und auf Anhieb in den Rat kam, mit über acht Prozent der Stimmen.
Als Wählergemeinschaft gestartet
„Wir sind vor 30 Jahren als Wählergemeinschaft angetreten, weil es bei der Aufstellung der Grünen-Liste Diskussionen mit einem Kandidaten gab, der mit dem Verfahren nicht einverstanden war“, erinnert sich Jörg Höhfeld, der als einziger der damaligen Truppe bis heute ununterbrochen in den politischen Gremien der Stadt Herne vertreten war und es auch immer noch ist.
Zusammengefunden hatten sich zu Beginn der 80er-Jahre bei den Herner Grünen ehemalige SPD-Mitglieder und Jusos, Umwelt- und Friedensaktivisten, Vertreterinnen der Frauenbewegung. Peter-Hugo Dürdoth war damals schon dabei, Rolf Ahrens, Wolfgang Heinzel. „Wir haben uns als Gruppe schnell gefunden, im Gegensatz zu anderen Grünen-Verbänden, die sehr zerstritten waren“, so Höhfeld. Es sei zwar oft lange diskutiert worden, am Ende habe aber immer ein Kompromiss gestanden. „Wir haben hier in der Hinsicht auf einer Insel der Glückseligen gelebt.“
Zum Einstand in die Kommunalpolitik setzten die Grünen gleich ein Zeichen - und stellten mit Wolfgang Heinzel einen eigenen OB-Kandidaten auf, der gegen Willi Pohlmann antrat. Fünf Grüne Stadtverordnete gab es damals, darunter auch Gudrun Thierhoff, die heutige Dezernentin für Kultur, Schule, Bildung, Kinder/Jugend/Familie und Integration.
Verhältnis zur SPD ambivalent
Das Verhältnis zur SPD sei ambivalent gewesen, so Höhfeld: „Willi Pohlmann sah uns eher wie verlorene Kinder“. Die schlimmen Auseinandersetzungen, einschließlich persönlicher Verletzungen, wie sie in anderen Stadträten vorkamen, habe es hier nicht gegeben. „Hier ist mehr versucht worden, Strittiges im Konsens zu lösen“, sagt Wolfgang Heinzel. Beispielhaft sei dafür das Thema Schulschließungen.
In der ersten Zeit der Ratsmitgliedschaft hatten die Grünen mehrfach Gelegenheit, sich auf ihrem Urterrain, der Umweltpolitik, zu beweisen. „Es gab einen Skandal wegen Altlasten in einem bereits bebauten Wohngebiet an der Leibnizstraße“, erinnert sich Heinzel. Und im April 1986 kam es zur Reaktorkatastrophe in Tschernobyl mit ihren europaweiten Auswirkungen. Der Umweltausschuss nahm in der Zeit die Arbeit auf - mit Horst Schiereck als erstem Vorsitzenden. „Jetzt, wo Schiereck als OB ausscheidet, verschwindet das Umweltamt“, kritisiert Höhfeld. „Wir sind völlig gegen die Auflösung.“
2004 erste Ratskooperation
Strikt dagegen waren die Grünen auch hinsichtlich der ursprünglichen Pläne, das heutige Akademie-Gelände in Sodingen mit einem Einkaufszentrum zu bebauen - und die Akademie auf einer Wiese an der Sodinger Straße anzusiedeln. Jahrelang, so Höhfeld, hätten die Grünen nicht einen einzigen Antrag „durchgekriegt“, den sie im Rat stellten. Zum ersten Mal erfolgreich waren sie zum Stadtjubiläum mit ihrem Antrag „100 Jahre Herne - Stadt der Migration“.
2004 kam es dann zur ersten Ratskooperation zwischen Grünen und SPD. Eckpunkte seien für sie der Ausbau des Radwegenetzes gewesen, die Sicherung von Freiflächen, die Erhöhung der Zahl von Kita-Plätzen für Kinder über drei Jahren und die Flüchtlingsunterbringung. Den Grünen sei, auch zu „Oppositionszeiten“, oft etwas gelungen, wenn sie durch Argumente Dritte mit ins Boot holen konnten, sagt Heinzel. Manches hätten sie jedoch auch nicht umsetzen können, zum Beispiel ökologisch arbeitende Firmen in die Stadt zu holen, räumt Höhfeld ein. Die Frage sei dabei jedoch auch, ob lokale Politik dies überhaupt beeinflussen könne. Sie seien außerdem aber auch daran gescheitert, die SPD davon zu überzeugen, dass Geschäftsführerposten in städtischen Gesellschaften nach Qualifikation besetzt und diese Stellen ausgeschrieben werden sollen. Das Hickhack um die Besetzung des Geschäftsführerpostens von Entsorgung Herne habe schließlich mit zum Ende der Ratskooperation zwischen den Grünen und der SPD geführt. In den letzten fünf Jahren, so sein Resümee, habe es nicht mehr so ganz viel Spaß gemacht.
Opposition nicht immer „Mist“
Seit der vergangenen Kommunalwahl finden sich die Grünen in Herne nun in der Opposition wieder, eine erneute Ratskooperation mit den Herner Sozialdemokraten kam nicht zustande. „Man kann aber nicht grundsätzlich sagen, das ist Mist“, so Höhfeld. Im Gegensatz zum Beispiel zur Bundespolitik fehlten auf kommunaler Ebene die großen Kontroversen, es lasse sich auch einiges aus der Opposition heraus erreichen, wenn man Ideen mit Kraft verfolge. Auf die Wahlergebnisse der Grünen habe es keine Auswirkungen gehabt, ob sie nun mit der SPD im Rat kooperierten oder nicht. „Wir liegen immer so um etwas über acht bis etwas über neun Prozent.“
Die Grünen sind zurzeit mit sechs Stadtverordneten im Rat vertreten: Dorothea Schulte, Thomas Reinke, Tina Jelveh, Pascal Krüger, Susanne Marek und Raul Roßbach.
Bei der jüngsten Kommunalwahl erhielten die Grünen für den Rat der Stadt Herne 9,3 Prozent der Stimmen, ein Ergebnis, das sie so nun schon zum dritten Mal erzielt haben.
Für die Oberbürgermeisterwahl im September 2015 wollen die Grünen einen eigenen Kandidaten aufstellen - entweder alleine oder mit den anderen „Kleinen“ zusammen.