Herne. . Vor 40 Jahren schlossen sich Herne und Wanne-Eickel zusammen. Der Städte-Ehe vorausgegangen waren viele Planspiele, Debatten und Emotionen.

Am 1. Januar 1975, also vor 40 Jahren, haben sich Herne und Wanne-Eickel zusammengeschlossen. Nach schier endlosen Diskussionen, vielen Emotionen und so manchem Streit wurde die neue Stadt Herne aus der Taufe gehoben. „Eine Liebesheirat war das nicht“, sagt Stadtarchivar Jürgen Hagen in der Rückschau. Um anzufügen: „Aber die beste Lösung.“

Denn im Laufe der Neugliederungsplanungen, die bereits in den 1960er-Jahren vom Land angestoßen wurden, habe sich zunächst vor allem dieses Szenario herauskristallisiert: die Eingemeindung Hernes und Wanne-Eickels nach Bochum, erinnert er. Wäre es so weit gekommen, wären Herne und Wanne-Eickel heute „Bochum 7 oder 8“, also „nur noch Randgebiete einer anderen, größeren Stadt“.

Dass es anders kam, sei dem erbitterten Widerstand zu verdanken. Gescheitert sei etwa noch die Initiative des damaligen Herner Oberstadtdirektors Edwin Ostendorf, der 1971 einen Gesamtverbund Ruhrgebiet vorgeschlagen habe, dem als eine Teilregion ein Verbund der vier Emscherstädte Herne, Wanne-Eickel, Recklinghausen und Castrop-Rauxel angehören sollte: Erst sei Recklinghausen, dann Castrop-Rauxel abgesprungen, so sei diese Idee im März 1973 schließlich gestorben.

Bürgerinitiativen engagierten sich erfolgreich

Parallel zu den Ostendorfschen Verbundplänen hätten sich aber sowohl in Herne als später auch in Wanne-Eickel Bürgerinitiativen gegen die Eingemeindung nach Bochum formiert – letztlich erfolgreich. Vor allem die Herner Initiative – vom ehemaligen WAZ-Redakteur Helge Kondring und dem Lehramtsanwärter Jürgen Rausch ins Leben gerufen – habe den Weg zur heutigen Lösung geebnet: „Es ist das historische Verdienst von Kondring und Rausch, dass Herne und Wanne-Eickel nicht nach Bochum kamen“, sagt der Stadtarchivar.

So sei es der Bürgerinitiative Herne, überparteilich organisiert, in nur wenigen Wochen nach der Gründungsversammlung in der Realschule Strünkede im Mai 1972 gelungen, 40 000 Unterschriften gegen die Eingemeindung nach Bochum zu sammeln. Außerdem hätten sich Promintente, darunter der damalige SPD-Landtagsabgeordnete und spätere OB Willi Pohlmann, unterstützend eingeschaltet.

Und in Wanne-Eickel, sagt Hagen, sei später das Aktionsprogramm „Stop – Wanne-Eickel muss selbstständig bleiben“ durch die im Stadtrat vertretene Bürgergemeinschaft (BG) unter Federführung der Vorstandsmitglieder Köker und Albrecht gegründet worden. Auch diese Bürgerinitiative habe immerhin 7000 Unterschriften gegen die Eingemeindung gesammelt.

Die beiden Räte trafen sich erstmals 1973

„Das Engagement aus der Herner und Wanne-Eickeler Politik, Verwaltung und Bürgerschaft“, resümiert Hagen, „zeigte Erfolg.“ So habe die WAZ im Januar 1973 erstmals von Gerüchten berichtet, dass Herne und Wanne-Eickel zusammengehen. Diese hätten sich bald bestätigt. So seien Verhandlungen für einen Gebietsänderungsvertrag aufgenommen worden, die erste gemeinsame Ratssitzung habe bereits am 21. August 1973 stattgefunden, und am 8. Mai 1974 habe der Landtag die Städte-Ehe beschlossen.

Und genau das sei es gewesen: eine Städte-Ehe, betont Stadtarchivar Hagen – und zwar eine „auf Augenhöhe“. Eine Eingemeindung Wanne-Eickels durch Herne habe es nie gegeben, fügt er an. Entsprechende Behauptungen seien hanebüchen, ebenso die eine oder andere Legende rund um den Zusammenschluss, etwa die, dass sich Herne das reichere Wanne-Eickel unter den Nagel gerissen habe.

Der Name „Herne“ für die neue Stadt sorgt bis heute für Kritik

Und warum lautete der „Ehe-Name“ Herne? Aus mehreren Gründen, erklärt Stadtarchivar Jürgen Hagen. Zuallererst sei Herne größer gewesen. Konkret: Anfang 1974, genau ein Jahr vor dem Zusammenschluss, habe Herne 102 229 Einwohner gezählt, Wanne-Eickel „nur“ 94 216. Auch ein Blick in die Historie habe für Herne gesprochen. Zum einen, weil Herne ältere Stadtrechte habe, zum anderen, weil die fünf Gemeinden, die das spätere Wanne-Eickel bildeten, Teile der früheren Bürgermeisterei Herne (1815 bis 1844) und des alten Amtes Herne (1844 bis 1875) gewesen seien, sagt Hagen. Nicht zuletzt, so die Vorgabe aus dem Innenministerium, sollte der neue Städtename kurz sein, und es sollte keinen Fantasie- oder Doppelnamen geben. Damit sei auch Wanne-Eickel vom Tisch gewesen.

Und Versuche, die neue Stadt zum Beispiel Emschertal oder Crange zu nennen, seien erfolglos verlaufen. So etwa der Vorschlag „Crange“, der vom damaligen Wanne-Eickeler Landtagsabgeordneten Helmut Hellwig und der Wanne-Eickeler CDU auf den Tisch gebracht worden sei.

So hätten sich die Organisationsgruppen schließlich darauf verständigt, dass Herne den Namen und Wanne-Eickel Stadtwappen sowie -farben in die Ehe einbringen.

Die Konsequenzen dieser Entscheidung, weiß Stadtarchivar Hagen, seien auch 40 Jahre später zu spüren: „Die Kritik, die es bis heute an der Städte-Ehe gibt, hängt sich an dem Namen ,Herne’ auf.“