Herne. . Die Herner ISAP AG kann zurzeit sechs bis acht Vollzeitstellen nicht besetzen. Ein Grund: Konzerne kaufen dem Mittelständler teilweise die Spezialisten weg. Auch Probleme mit Auszubildenden beklagt Vorstands-Chef Norbert Assen.
Bei ISAP kann man quasi wie unter einer Lupe betrachten, wie Firmen in Herne um Fachkräfte buhlen und welche Probleme sie bekommen, sie später zu binden.
In sechs verschiedenen Berufsfeldern bietet ISAP für das kommende Jahr Ausbildungsplätze. Vorstands-Chef Norbert Assen stellt fest, dass der Stapel mit Bewerbungen im Vergleich zu früheren Jahren deutlich geschrumpft ist. „Es gibt weniger Interesse für die Ausbildung“, hat er in den vergangenen Jahren registriert.
Die jungen Menschen strebten immer stärker an die Universitäten. Hinzu komme die mangelnde Ausbildungsreife der Jugendlichen. Das sagt Assen nicht nur als Firmenchef, sondern auch als Vorsitzender des IHK-Berufsbildungs-Ausschusses, in dem er sich mit anderen Unternehmern der Region austauscht.
Etwas anderes bereitet ihm mindestens genau so viele Kopfschmerzen. Die Frage, wie er Fachkräfte an das Unternehmen bindet. Die Diskussion, ob es tatsächlich einen Mangel gibt, kommentiert er so: „Wenn man wirklich Spezialisten sucht, existiert der Mangel.“ Bei ISAP seien zurzeit sechs bis acht Vollzeitstellen bei insgesamt 100 Mitarbeitern unbesetzt.
Mangelnde Ausbildungsreife der Jugendlichen
Das liege einerseits daran, dass der Bereich der Informationstechnologie immer noch wachse - und damit der Bedarf. Und andererseits daran, dass ISAP mit echten Spezialisten unterwegs ist. Die Mitarbeiter müssen IT-Kenntnisse haben, sie müssen bei den Kunden Prozesse analysieren und in der Lage sein, ISAP-Produkte zu „verkaufen“. Das Resultat: Die ISAP-Kunden locken mit ihren großen Namen und stellen die Herner Spezialisten bei sich selbst ein. Als Mittelständler kann ISAP mit Gehaltsgefüge von Konzernen nicht mithalten.
Die Suche nach passendem Ersatz gestalte sich schwierig. „Irgendeinen zu bekommen, ist nicht das Problem“, so Assen. Doch irgendeiner passe nicht. Er müsse Zeit und Geld in die Aus- und Weiterbildung investieren und die Firma an den Universitäten regelrecht anpreisen. Der Mangel behindere inzwischen fast das Firmenwachstum.
Bildungsgang Berufskraftfahrer ist ein positiver Schritt
Bei der IHK weiß man sehr gut um das Problem des wachsenden Fachkräftebedarfs. Herne bilde in dieser Hinsicht keine Ausnahme zu anderen Städten im Ruhrgebiet.
Allerdings: Herne sei ein bedeutender Logistikstandort und deshalb würde der Fachkräftemangel in dieser Branche den Standort empfindlich schwächen, wenn man dem nicht etwas entgegensetze. Die Einrichtung eines Bildungsgangs Berufskraftfahrer am Emschertal-Berufskolleg sei ein sehr positiver Schritt, die Attraktivität der Ausbildung für Arbeitgeber wie für Auszubildende zu erhöhen. Es bleibe eine Daueraufgabe, das eher negative Image der Branche zu korrigieren. Qualifizierte Fachkräfte hätten in der Logistik eine gute Berufsperspektive.