Witten. .
Andreas Hoos aus Stockum hat mal wieder Post bekommen. Er soll einen Telefonsex-Anbieter angerufen haben, mit Sitz auf den Britischen Jungfern-Inseln. Ausgerechnet.
Eines kann man der Firma, die Andreas Hoos mit Rechnungen förmlich bombardiert, nun wirklich nicht vorwerfen: Mangelnde Kreativität und Flexibilität. Denn alle paar Wochen ändert das Unternehmen seinen Namen, alle paar Monate seinen Standort und ebenso flott seine Bankverbindung. Bestimmt gibt es für all das auch sehr gute und sofort nachvollziehbare Gründe.
Jedenfalls firmierte die Firma erst als TRC Telemedia, dann hieß sie Czech Media Factoring, später etwas anheimelnder Bohemia Factoring, trat dann unter Kaver Plus auf, anschließend britisch-kühler als Roxborough Management, MB Direct Phone, Pepper United und nun also R.M.I. Wir langweilen Sie mit dieser höchstwahrscheinlich auch noch unvollständigen Aufzählung vor allem deshalb, weil solche Briefe flächenweit verschickt werden - jeder könnte der nächste Empfänger sein, warnt die Verbraucherberatung.
Der letzte bekannte Firmensitz von R.M.I. ist Road Town, Hauptstadt der Britischen Jungfern-Inseln. Das frühere Piratennest in der Karibik ist heute Steueroase mit 600 000 Firmen, von denen manche dort nur einen Briefkasten haben. Das ist praktisch, denn hinter R.M.I. und wie sie alle heißen stecken nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Fulda stets derselbe Mann und dieselbe Frau.
„Rechnungen schreiben kann jeder“
Und die sind gar nicht so zimperlich: Von Andreas Hoos wollen sie statt der zuerst geforderten 90 Euro nun 263,25 Euro durch eine recht gut bekannte Allinkasso GmbH eintreiben. Bei der Verbraucherzentrale Hamburg sind R.M.I. & Co. alte Bekannte: „Zahlen Sie nicht, wenn kein Anruf erfolgt ist. Rechnungen schreiben kann jeder“, warnen die Verbraucherschützer in einem Fall, in dem 75 euro gefordert wurden. Selbst wenn so ein Telefonat tatsächlich geführt worden sein sollte, müsse der Anrufer nicht unbedingt zahlen: „Wo nicht über 75 Euro gesprochen wurde, müssen auch nicht 75 Euro bezahlt werden.“
Der postalische Dauerbeschuss soll Hoos einschüchtern und mürbe machen - zehn bis 35 % aller Angeschriebenen zahlen, wissen Verbraucherexperten - das lohnt sich mithin. Aber, so die Staatsanwaltschaft Fulda: „Es ist bisher hier nicht bekannt geworden, dass derartige Forderungen gerichtlich eingeklagt worden wären.“
Rechtsanwalt Stephan Hettmann, der sich mit R.M.I. auskennt: „Rechtlich sind solche Forderungen nicht durchsetzbar.“ Ohne Gerichtsurteil könne das Geld gar nicht eingetrieben werden, „meist wissen solche Firmen, dass ihre Forderung nicht durchsetzbar ist. In der Regel kann man die Rechnungen und Briefe ignorieren.“ Hoos’ Konsequenz: „Wenn noch einmal so ein Brief kommt, nehme ich mir auch einen Anwalt.“