Heiligenhaus. . WAZ-Leserbeirat Achim Luthe hat die Entstehung der Westfalenstraße recherchiert. In seinem Beitrag beschreibt er, warum die Trassenführung so manchen kleinen Schlenker aufweist.
Zwei Jahre lang begleitete ein sechsköpfiger Leserbeirat die Heiligenhauser Redaktion der WAZ. Kürzlich feierten wir an dieser Stelle den Abschied von der munteren Truppe, die sich stets interessiert, engagiert, anregend und kritisch zeigte. Zum krönenden Abschluss schlüpften einige Beiräte sogar selbst in die Reporterrolle und recherchierten eigene Geschichten. So wie Achim Luthe, der der Entstehung der Westfalenstraße nachgeht. Der erste Teil unserer Leserbeirats-Beiträge:
Die Westfalenstraße ist eine Straße mit vielen Namen: Umgehungsstraße, Nordtangente, Entflechtungsstraße. Jetzt heißt sie Westfalenstraße.
Gebaut wurde sie, um die Hauptstraße zu entlasten. Auf der quälten sich bis zum Umbau bis zu 20 000 Fahrzeuge täglich zweispurig durch die Stadt, die Überquerung als Fußgänger war gefährlich und die Aufenthaltsqualität der Innenstadt gleich Null. Die Eröffnung der Westfalenstraße markiert den wesentlichen Meilenstein auf dem Weg zu einer attraktiven Innenstadt.
Planung sah einen Tunnel in Höhe der Ludgerus-Kirche vor
Seit 1975 hatte man schon über eine Entlastung der innerörtlichen Hauptstraße nachgedacht. Es gab einen Plan, der der heutigen Trassenführung ähnlich war: Ab der Firma Engstfeld (so wie heute) sollte die Trasse führen bis zur heutigen Kurze Straße. Dann aber weiter über die Rheinlandstraße bis zur Höseler Straße. Der Clou: Im Bereich der Ludgerus-Kirche sollte die Straße untertunnelt werden. Doch gegen diesen Plan regte sich Widerstand: Die Anwohner gründeten aus diesem Anlass den „Bürgerverein Am Hanholz“.
Eine weitere Variante wurde Mitte der 80er Jahre erwogen: Ab der Haupt-/Winkelstraße sollte die Umgehung in einem Rechtsbogen, dann in einem weiten Linksbogen durch den Bahnhof führen.
Es vergingen viele Jahre. Nicht, dass die Stadt in dieser Zeit untätig war. Im Gegenteil. Eine Schwierigkeit bei der Realisierung des Projekts lag aber darin, dass dem Land ein förderfähiges Projekt vorgelegt werden musste, damit Gelder fließen. Die Stadt musste Grundstücke aufkaufen. Da wurde manchmal um ein paar Zentimeter gefeilscht, etwa an der Engstelle zwischen dem Haus der Kirche und der ehemaligen Firma Kiekert. Auch die weitere Trassenführung gen Osten an der Firma Hitzbleck vorbei sorgte für Schwierigkeiten. Schwierigkeiten, die sich heute im Straßenverlauf widerspiegeln und für manchen kleinen Schlenker sorgen oder dafür, dass hier und dort ein Gehweg fehlt.
Wer dem Verkehr um die Stadt herum folgt, nimmt die Innenstadt nun von hinten wahr. Also musste die Westfalenstraße gestalterisch an die Hauptstraße angebunden werden: Deshalb gibt es heute Basildonplatz und Hefelmannpark.
Anschluss an die Hauptstraße
2005 kommt der erste Spatenstich an der Kettwiger Straße. Mit Fördermitteln: Die Maßnahme von über zwölf Millionen Euro Gesamtkosten wurden mit 65 % vom Land gefördert. 2006 bis 2007 wird der zweite Bauabschnitt von der Bahnhofstraße bis zum Rathaus gebaut. An der Bahnhofstraße müssen drei Häuser weichen. Die Trasse führt weiter gen Westen über den ehemaligen Vogelparkplatz sowie den ehemaligen Mitarbeiterparkplatz von Hitzbleck.
2008 bis 2009 geht es weiter in Richtung Ziegelstraße. Jetzt werden auch die Silos sichtbar. Durch den Umzug der Firma Kiekert zum Höseler Platz kann die Verbindung vom ersten zum zweiten Bauabschnitt erfolgen. Nun fährt man von der Kettwiger Straße bis zur Ziegelstraße.
2010 bis 2011 erfolgt der obere Anschluss der Hauptstraße zur Ziegelstraße. Der Schrottplatz wird geräumt, es gibt Verzögerungen durch Versorgungsleitungen und den strengen Winter.
In der Endphase werden an der Gohrstraße Häuser abgerissen. Die Rheinlandstraße erhält einen Anschluss an die Hauptstraße (Kurze Straße), und die westliche Rheinlandstraße wird vom Durchgangsverkehr durch eine verkehrsberuhigte Bereich abgeschnitten. Parallel dazu wird der Höseler Platz für den Gegenverkehr ausgebaut.
Am 10. Juni 2011 wird die Entflechtungsstraße für den Verkehr freigegeben. Aber es dauert noch lange, bis viele Autofahrer die Westfalenstraße angenommen haben – ein Navi ist nun einmal nicht so schnell mit seiner Umstellung. Wer die Straße heute von Velbert kommend befährt, freut sich über gepflegten schön bepflanzte Verkehrsinseln und den Blick auf den Hefelmannpark. Stellt man sich dazu noch das fertige Kiekert-Gelände vor, hat sich die Straße mit den vielen Namen doch gelohnt.