Heiligenhauser Pfarrer bedauern, dass Geschenke heute eine größere Rolle als die eigentlichen Inhalte des Osterfestes spielen.
Ich entsinne mich noch gut an die Osterfeste in meiner Kindheit. Ostersonntag trug ich zum ersten Mal wieder einen kurzen blauen Rock zu weißen Kniestrümpfen und den neuen schwarzen Lackschuhen. Und am Nachmittag ging es dann mit den Eltern, Onkel und Tanten, Cousinen und Cousins hinaus in den Wald zum Eiersuchen. Das war so richtig schön. Heute spielen Traditionen wie diese in den Familien kaum noch eine Rolle.
Für öffentliches Aufstöhnen sorgte vor wenigen Tagen die in den Medien verbreitete Nachricht, dass Eltern heute im Schnitt 45 Euro ausgeben, um ihrem Kind Ostergeschenke zu kaufen. Oben auf der Wunschliste der Kinder stehen angeblich Hifi-Bluetooth-Kopfhörer noch vor dem Sandspielzeug. Spielen christliche Traditionen eigentlich überhaupt noch eine Rolle in den Familien? Die WAZ hat eine Pfarrerin und einen Pfarrer in Heiligenhaus danach gefragt.
„Ich beobachte das auch“, bestätigt Pfarrerin Kirsten Düsterhöft, die während unseres Gesprächs gerade dabei ist, ihre Gottesdienste vorzubereiten. „Das passt gar nicht zu den christlichen Inhalten des Osterfestes.“ Schließlich wird da die Auferstehung Jesu Christi von den Toten gefeiert, da haben Geschenke keinen Platz. „Ich kenne das auch nicht aus meiner Familie oder meiner Gemeinde. Wir feiern hier traditionell mit gemeinsamer Ostereiersuche, Gottesdienst und einem Frühstück.“
Dass die Traditionen heute anders sind, überrascht die evangelische Pfarrerin nicht: „Konsum spielt eine immer größere Rolle in der Gesellschaft, das ist ein Trend der Zeit.“ Und wie sollen die Kinder etwas anderes lernen, wenn es ihnen nicht von ihren Eltern vorgelebt wird? Anders als zu Weihnachten steht zu Ostern bei vielen Familien der Besuch eines Gottesdienstes – und da gäbe es ganz besondere zur Auswahl – auch gar nicht mehr auf dem Plan.
Gegen Ostereier vor Karsamstag
„Ich krieg’ schon einen Föhn“, ärgert sich Pfarrerin Düsterhöft, „wenn es vor Ostern Ostereier gibt oder sie schon in den Vorgärten hängen.“ Das sei noch die Zeit der Trauer, vor Karsamstag hätten da Ostereier nichts zu suchen.
Auch der katholische Pfarrer Alfons Demand beobachtet, dass es „von Jahr zu Jahr schlimmer wird“ mit Konsum und Verfall christlicher Traditionen. „Das ist ein gesellschaftliches Problem. Die Kirche wird immer mehr zur Nebensache“, bedauert er. Aber man agiert gegen den Trend: „In den katholischen Kindergärten wird noch religionspädagogisch gearbeitet – doch was in den Familien passiert, das wissen wir nicht.“