Heiligenhaus. . Nach dem Krieg sehnten sich Flüchtlinge, Vertriebene und Arbeitssuchende nach einem Zufluchtsort mit Zukunftsperspektive – und fanden ihn schließlich im aufstrebenden Stadtteil Wassermangel.
Jahre nachdem die Alliierten Deutschland eingenommen hatten, lagen viele Orte noch in Schutt und Asche. Der Wiederaufbau war zwar in vollem Gange und auch die Wirtschaft erholte sich langsam, doch Normalität herrschte oft nur als Wunschvorstellung in den Köpfen der Menschen. Flüchtlinge, Vertriebene und Arbeitssuchende sehnten sich nach einem Zufluchtsort mit Zukunftsperspektive – und fanden ihn schließlich im aufstrebenden Stadtteil Wassermangel.
Auf Holzstühlen oder auch auf dem blanken Boden sitzen die Zuwanderer vor der Holzbaracke an der unteren Talburgstraße. Die dunkelgrüne Unterkunft bestand aus vier Räumen und einem großen Wohnzimmer in der Mitte. Die Farbe muss sich der Betrachter in die schwarz-weiß Fotografie hineindenken, doch die Emotionen der Menschen sind ganz deutlich zu erkennen. Sie wirken gelöst, ja einige Lächeln sogar und das obwohl um sie herum nichts weiter zu sehen ist, als Staub und Schutt. Viele der Frauen und Männer arbeiteten tagsüber für eine der rund 50 neuangesiedelten Schloss- und Beschlägeunternehmen. Diese mussten nämlich der großen Nachfrage der Automobilindustrie gerecht werden und brauchten jede flinke Hand, die zur Verfügung stand. Nach Feierabend halfen die Neubürger dabei, Heiligenhaus wieder wohnlicher zu machen.
Unterstützung beim Ausbau des Stadtteils bekamen die Flüchtlinge von den Mitgliedern des Internationalen Zivildienstes (IZD). Denn die Stadt war zwischen den Jahren 1947 und 1968 für einen so rasanten Einwohneranstieg nicht gerüstet. Bertram S., ein ehemaliger Helfer das IZD beschrieb die Situation damals so: „Heiligenhaus ist eine komische Stadt. Sie liegt entlang einer Hauptstraße hoch oben auf einer Höhe und die Seitenstraßen führen rechts und links ins Tal. Trotz der 15 000 Einwohner sieht der Ort sehr dörflich aus.“
Duschen im Freien
Klein und bescheiden war auch die Wohnsituation. Denn nicht nur die Flüchtlinge, sondern auch die Helfer lebten in den kleinen Baracken. Eine warme Dusche nach der schweißtreibenden Arbeit gab es allerdings nur dank eines in der Sonne hängenden Duschsacks.
Irland, Japan, USA, Dänemark, Russland. . .Die Ehrenamtler des IZD’s fanden sich aus allen erdenklichen Ländern im „Flüchtlings-Bundesdorf“ zusammen. Oftmals waren es Studenten, Arbeitslose und Soldaten die sich für den Zivildienst meldeten. Mitglieder und Helfer machten sich im Juni 1951 an die Arbeit. Zusammen hoben sie Gräben für Rohrleitungen aus oder deckten die Dächer der ersten Häuser. Innerhalb von sieben Jahren und in mehreren Etappen entstanden so auf dem einstigen Gelände der Wülfrather Kalksteinwerke mehrere Ein- und Zweifamilienhäuser, sowie Doppel- und Mehrfamilienhäuser. Mit vereinten Kräften und viel Engagement formten damals helfenden Hände aus der ganzen Welt die heutigen Straßenzüge der Wassermangel.