Heiligenhaus. . Fallschirme müssen regelmäßig auseinandergenommen und neu gefaltet werden. Die WAZ hat den Piloten des Flugplatz Meiersberg in Heiligenhaus dabei über die Schulter geblickt.

Zipp – nach einem kräftigen Ruck am metallischen Griff springt der rote Fallschirm aus dem Rucksack, während zwei Damen mit ausgestreckten Armen hinter ihm her hechten. Weit kommt das gute Stück allerdings in der windstillen Mensa des Flugplatzes nicht. Um den Fallschirm der Länge nach auszubreiten, braucht es jede Menge Bierzelttische und jemanden, der Schlaufe für Schlaufe die Fangleinen auseinanderzieht. Und das nur, um den Rettungsschirm anschließend wieder feinsäuberlich einzupacken. Alle vier bis acht Monate treffen sich die Fallschirmpackerinnen des Niederbergischen Flugvereins zum gemeinsamen Schnüren.

Raschelnd legt Susanne Graf-Bertram die 22 Bahnen des Rundkappenfallschirms übereinander. Ihre Hände gleiten dabei den Stoff entlang und suchen nach Schäden, denn die können im Ernstfall lebensgefährlich sein. „Die Schirme sollten auf keinen Fall nass sein, sonst können sie im Rucksack schimmeln. Deshalb sagen wir allen unseren Schülern, dass sie den Fallschirm nicht auf den Boden legen sollen“, so Graf-Bertram. Abgerissene Schlaufen oder Ähnliches können die flugbegeisterten Damen selbst flicken, für größere Reparaturen muss das Rettungsgerät zurück an den Hersteller geschickt werden.

Denn auch wenn noch kein Fliegeras über Heiligenhaus abspringen musste, werden die Schirme auf jedem Flug mitgenommen. Sie sind so unverzichtbar wie der Sicherheitsgurt im Auto und auch in gewisser Art und Weise so einfach zu bedienen: Abspringen, Griff ziehen und zu Boden sinken. Lenken lassen sich die 17 Fallschirme des Flugvereins nämlich nicht. „Ein 80 Kilogramm schwerer Mensch fällt mit sechs Metern pro Sekunde“, so Graf-Bertram. Ein Maximalgewicht gibt es nicht. „Je schwerer jemand ist, desto schneller fällt er auch“, ergänzt Christiane Kniebeler.

Abspringen aus 100 Metern Höhe

Allerdings ist das Öffnen des Schirms ein Spiel auf Zeit. Denn die eingebaute Sprungfeder braucht ein paar Höhenmeter, um den Nylonstoff aus dem Rucksack zu katapultieren, und mit Hilfe des Luftwiderstandes aufblähen muss er sich schließlich auch noch. „Man sollte mindestens 100 Meter hoch sein, um abzuspringen. Lieber etwas höher“, so Graf-Bertram, die seit 15 Jahren Schirme packt.

Damit die Hauptkappe und der Hilfsschirm mit Sprungfeder in den kleinen Rucksack passen, müssen sie besonders klein gefaltet werden. Wenn die Bahnen bei der Kontrolle nicht aussehen wie ein Schweizer Käse, werden jeweils elf von ihnen übereinander gelegt und nach innen eingerollt. Mit Bleisäckchen wird die Luft aus dem Nylonstoff gedrückt, so dass Kniebeler und Graf-Bertram den Schirm mit vereinten Kräften in die richtigen Bahnen legen können. „Es gibt für jeden Schirm ein bestimmtes Packsystem“, so Graf-Bertram, während ihre Kollegin mit ihrem ganzen Gewicht auf dem Rucksack hängt und das dünne Stahlkabel der unter Laien bekannten Reißleine in die Ösen fädelt.

Sitzt alles bombenfest, muss eine der Packerinnen eben dieses Kabel noch verplomben. Und auch der rote Bindfaden, an dem das Bleistück nachher hängt, wird in einer bestimmten Art und Weise verknotet. Noch einmal heißt es kräftig drücken, dann ist die Marke mit der persönlichen Nummer geprägt und der Schirm kann wieder zurück in die Tragetasche. In vier Monaten geht das fröhliche Gepacke dann von vorne los.