Heiligenhaus. . Ausstellung des Stadtarchivs zum Volkstrauertag zeigt alle Facetten der zwölf Jahre dauernden Herrschaft. Mehr als 200 Aufnahmen in über 40 Bilderrahmen geben einen zeitgeschichtlichen Abriss über das Leben in Heiligenhaus.
„Wie überall im Land machte sich die Machtergreifung auch hier im Dorf sehr schnell bemerkbar. Alle Aspekte des gesellschaftlichen Lebens wurden abgedeckt, das ging bis in die kleinsten Strukturen hinein“, so Archivar Hartmut Nolte. Davon zeugen Protokolle und Aufzeichnungen, vor allem aber Fotos – zu sehen in der Ausstellung des Stadtarchivs „Heiligenhaus in der NS-Diktatur 1933 bis 1945“, die am 17. November eröffnet wird.
Anlässlich der 80-jährigen Wiederkehr der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten haben sich Hartmut Nolte und sein Mitarbeiter Rolf Praast intensiv mit allen Facetten der zwölf Jahre dauernden NS-Herrschaft in Heiligenhaus befasst. An Material herrscht dabei kein Mangel, „obwohl kurz vor Kriegsende und sogar noch in den 50er und 60er Jahren, wie mir berichtet wurde, massiv Akten aus der NS-Zeit vernichtet wurden. Zum Beispiel Meldekarten, die plötzlich nicht mehr auffindbar waren“, erläutert Nolte. Ob diese in den Schredder wanderten oder ob Akten beiseite geschafft und auf dem heimischen Dachboden landeten – „vieles ist möglich“, weiß Nolte, dem aus Nachlässen immer wieder überraschende Funde aus jener Zeit zugetragen werden.
So gibt es in der Ausstellung ein Exemplar von Hitlers „Mein Kampf“, das einst als Hochzeitsgeschenk diente. Feldpostkarten von Soldaten sind in den Vitrinen zu sehen und Publikationen zu NS-Filmen. Überdauert haben auch ganz andere Exponate. Etwa ein Geschäftsbuch des Juden Karl Aron, der mit seiner Frau in der Pogromnacht ein grausames Ende fand, sowie Fotos von Zwangsarbeitern.
Mehr als 200 Aufnahmen in über 40 Bilderrahmen geben einen zeitgeschichtlichen Abriss über das Leben in Heiligenhaus. Es sind so prägnante Motive wie das Weihnachtskonzert vom Dezember 1938 im Saal des Hotels „Zur Krone“: Das Tannengrün und die Engelchen mit ihren Kerzen stehen im krassen Gegensatz zur großen Hakenkreuzfahne auf der Bühne. Es sind aber auch alltägliche Ereignisse wie die Grundsteinlegung der Siedlung in Hetterscheidt, bei der eine Hakenkreuzflagge mitgeführt wurde, oder einfach Markierungsarbeiten auf einer Straße, die unter Nazi-Aufsicht vonstatten gingen.
Nachdenklich machen können Fotos über den historischen Kontext hinaus, wie jenes aus der Lehrwerkstatt von „Casi“ an „Kriegsweihnachten 1944“: Unter den von den Lehrlingen hergestellten Kinderspielzeugen befinden sich eine Reihe metallener Panzermodelle. Heute schießen Kinder unbedenklich mit virtueller Munition, denn Krieg gibt’s nicht mehr. Nur anderswo auf der Welt – weit entfernt. . . Am Sonntag ist Volkstrauertag.
VDK lädt zur Gedenkstunde ein
Zu einer Gedenkstunde laden am Volkstrauertag, 17. November, um 11.30 Uhr die Stadt Heiligenhaus und der Ortsverband des VDK in den Ratssaal ein. Bürgermeister Dr. Jan Heinisch hält die Gedenkrede; Schüler der Gesamtschule sprechen die Totenehrung.
Der Volkstrauertag in seiner jetzigen Form wird seit 1952 bundesweit begangen, immer zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag. An diesem Tag wird der Toten und Vermissten der Kriege sowie der Opfer von Gewaltherrschaft aller Nationen gedacht.
Ursprünglich hatte ihn der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge 1919 als Gedenktag für die gefallenen deutschen Soldaten des Ersten Weltkrieges vorgeschlagen; 1922 gab es die erste Gedenkstunde im Reichstag. Ab 1926 fand der Volkstrauertag stets am fünften Sonntag vor Ostern statt. Unter der NS-Herrschaft wurde der Volkstrauertag zum staatlichen Feiertag, der Mitte März begangen wurde: Er hieß nun Heldengedenktag und verlor seinen eigentlichen Sinn.