Heiligenhaus. . Sean Keane und seine Begleiter lassen die Zuhörer im Club bei gewollt traditionellen Folk-Klängen mitwippen.

„Jedes Jahr, wenn ich in Deutschland bin, regnet es. Das macht Ihr doch extra, weil ich Ire bin“, witzelt Sean Keane. Nasse Ergüsse von oben ist er von der grünen Insel gewohnt, doch nicht nur deswegen fühlt sich der Folk-Musiker am Mittwochabend im Club zu Hause. Er genießt die Wohnzimmeratmosphäre und die bekannten Gesichter im Publikum. Viele Folk-Fans schätzen die Bodenständigkeit des Iren, die in jedem Ton mitschwingt. Denn Keane verzichtet auf gewagten Stilmix und kuriose Kombinationen. Er vertont die Wurzeln des irischen Folks und setzt damit aufs richtige Pferd.

Kaum sichtbar berühren Sean Keanes Lippen die dunkle Holzflöte. Seine Finger fliegen blitzschnell über die Löcher und entlocken dem Instrument ganz traditionelle Töne. Die Tunes und Reels triefen nicht vor der sonst so gepriesenen Innovation – doch genau das macht sie eben auch aus. Denn Musik muss nicht immer neu erfunden werden, um gut zu klingen.

Konzert ohne Setlist

Keane wuchs im Westen Irlands in einer typischen Musikerfamilie auf, und das merkt man ihm auf der Bühne auch an. Für ihn gehört die Musik zum Leben wie der St. Patricks Day in jeden irischen Kalender. Mit seiner unverwechselbaren Stimme verleiht er den traditionellen Songs eine herrlich eigene Note. Eine Setlist hat Keane übrigens nicht, der Herr mit dem bestechenden Akzent gibt seinen beiden Mitstreitern Fergus Feely (Mandocello) und Pat Coyne (Gitarre) nur ein kurzes Stichwort, und wenige Sekunden später wird schon das neue Stück angezählt.

Es ist diese Spontaneität und Liebe zur Musik, die den Iren und seine Band greifbar macht. Die Grenzen zwischen Publikum und Musikern scheinen mit jedem Ton ein bisschen mehr zu verschwimmen. Das „Mittendrin statt nur dabei“-Gefühl ist es, das dieses Konzert ausmacht.

Doch auch wenn Sean Keanes Stärke in den tieftraurigen Liedern von Kriegsopfern und Seefahrern liegt, kann er auch anders. Die schnellen, rein instrumentalen Reels gehen sofort ins Ohr und in die Füße. Nicht nur die Heiligenhauser kommen im rappelvollen Club beim Mitwippen ins Schwitzen, auch die Musiker selbst haben mit der Wärme zu kämpfen. „Wenn Pat weiter so schwitzt, bleibt nur noch eine Pfütze von ihm übrig“, spaßt Keane und muss nur wenig später selbst das klatschnasse T-Shirt wechseln.

Das Trio macht auch einen musikalischen Abstecher über den großen Teich. Was das mit reinem irischen Folk zu tun hat? Ganz einfach – „Country-Musik ist irischer Folk im Urlaub“, erklärt Mandocello-Spieler Fergus Feely. Denn die ersten Siedler in Amerika kamen von der grünen Insel und brachten auch die typischen Klänge mit ins neue Land. Wie klein die facettenreiche Welt der Klänge doch sein kann.