Heiligenhaus. . Der Heiligenhauser Konditor Horst ten Eicken macht vor 50 Jahren den Meister. Seiner Arbeit möchte der 76-Jährige nachgehen, „bis es nicht mehr geht“.

Ein süßlicher Geruch liegt in der Luft und steigt langsam immer höher in die Nase, bevor er anfängt, die Geschmacksnerven zu kitzeln. Unsereins läuft beim Anblick des Naschwerks in der Auslage der Konditorei das Wasser im Mund zusammen, für Horst ten Eicken ist es das normale Tagwerk. Seit 69 Jahren ist der Heiligenhauser mit Laib und Seele im Beruf – 50 Jahre davon als Meister seines Fachs. Der Goldene Brief steht, eingerahmt von einer Torten-Geige und einem zuckersüßen Buch, mitten im Schaufenster des traditionsreichen Geschäfts an der Hauptstraße.

Der Blick auf die Uhr verrät: es ist halb elf. Für viele hat vor gut zwei Stunden die Arbeitszeit begonnen. Horst ten Eicken stieg allerdings schon vor acht Stunden aus seinem Bett. Denn spätestens um drei Uhr nachts geht das Licht in der kleinen Backstube an, und die ersten Brötchen wandern in den Ofen. Auch Croissants, Brote und Teilchen müssen für die frühen Vögel unter ten Eickens Kunden vorbereitet werden. Ein straffes Programm für einen 76-Jährigen. „Ich komme immer noch gut damit zurecht. Morgens kann man sogar schon Witze mit mir machen“, sagt der Konditor und lächelt.

Hilfe bekommt er dabei von seinem 71-Jährigen Mitarbeiter. In der nur zwölf Quadratmeter großen Backstube ist von beiden eine gute Koordination gefragt. „Ach, das geht schon, bei der Meisterprüfung mussten wir uns mit 25 Mann einen Ofen teilen“, erinnert er sich ans Jahr 1963 zurück. Damals musste der Heiligenhauser an zwei Tagen ein Schaustück, mehrere Torten, Teilchen und verschiedene Dekorationen für die Kölner Prüfer auf den Tisch zaubern.

Wer jetzt aber glaubt, mit Sahne schlagen und Blätterteig ausrollen ein ganzes Konditorenhandwerk beschreiben zu können, irrt sich gewaltig. Hinter den Tortenträumen verbirgt sich ähnliches Grundwissen wie das eines Architekten: Räumliches Vorstellungsvermögen, die Fähigkeit, gut zeichnen zu können und präzises Arbeiten sind wichtig, damit die Hochzeitstorte nicht plötzlich aussieht wie der schiefe Turm von Pisa.

Vom Zeichenbrett zum Brotteig

Für Hobbymaler Horst ten Eicken ist das kein Problem. „In Zeichnen war ich schon immer gut, deshalb hat mir mein Lehrer in der Schulzeit auch geraten, Architekt zu werden.“ Am Zeichenbrett nahm er jedoch nie Platz, sondern begann schließlich eine Konditorenlehre in Velbert. Im Jahre 1957 wechselte der fertige Tortenkünstler ins elterliche Geschäft. Schon in der fünften Generation backen die ten Eickens für die Heiligenhauser Kaffeetafel.

Neben dem eigenen Vater den Teig zu kneten, sei nicht immer einfach gewesen. „Man glaubt zwar, im elterlichen Betrieb mehr Freiheiten zu haben, aber das stimmt nicht ganz. Da ist immer ein gewisser Druck hinter“, sagt der gut gelaunte Frühaufsteher. Trotzdem konnte er sich nach einer angehängten Bäckerlehre erstmal mit Schokoladennaschwerk aller Art ausprobieren. Heute bleibt dem Kreativling keine Zeit mehr, um seine geliebten Löwen und Elefanten aus einem Block Schokolade zu schnitzen. Einen Ersatz hat er aber gefunden: Bauschaum. Wenn Horst ten Eicken nicht in der Backstube steht, lebt er die kreative Ader im Atelier aus.