Heiligenhaus. . Unfälle endeten wegen mangelnder Versorgung und schlechter Kfz-Ausstattung oft tödlich. Schwarz-weiße Zeugnisse aus dem Stadtarchiv.
Das Blech klebt am Asphalt, der Motorraum ist völlig platt gewalzt, ein Sitz mehrere Meter weit aus dem Auto geschleudert – die Fotografie aus dem Oktober 1960 zeigt einen Unfall, der wie viele zur damaligen Zeit für den Autofahrer in einer Katastrophe endete. An das Unglück auf der Höseler Straße erinnern heute noch historische Aufnahmen im Stadtarchiv.
Dort begibt sich die WAZ auf Spurensuche. Und findet noch mehr schwarz-weiße Zeugnisse von Überschätzung der eigenen Fähigkeiten als Autofahrer und Unterschätzung der äußeren Bedingungen.
Keine ausgebildeten Sanitäter
Zum Beispiel den Zusammenstoß, der sich 1960 an der Ruhrstraße ereignete. Hier fuhren ein Lkw der Mörtelwerke Essen und ein Betonmischfahrzeug ineinander. Oder den Mercedes Lkw, der in den frühen 60er Jahren bei einem Unfall an der Abzweigung Untere Industriestraße in den Nordring verunglückte. Die Fahrerkabine wurde bis auf den Fußraum völlig zusammen gedrückt. „Schwere Unfälle sind sehr oft tödlich ausgegangen“, sagt Stadtarchivar Hartmut Nolte.
Auf dem Weg zu den Krankenhäusern nach Kettwig oder Velbert habe man früher nicht viel für die Verletzen tun können. „Die Versorgung von Schwerverletzten konnte nur im Krankenhaus erfolgen. Weil die Krankenwagenfahrer damals keine ausgebildeten Sanitäter waren“, erklärt der Heiligenhauser Stadtarchivar Nolte weiter.
Grund für viele tödlich endende Unfälle war auch die fehlende Sicherheitsausstattung der Fahrzeuge. Airbag, Knautschzone und Sicherheitsgurt gehörten nicht immer schon zur Grundausstattung der Gefährte, die sich auf den wenigen ausgebauten Straßen der Stadt bewegten. „Früher ist man einfach frisch, fromm, fröhlich und frei drauf losgefahren, hat an unmöglichen Stellen überholt“, berichtet der Stadtarchivar. Dabei fehlten oft noch die nötigen Pferdestärken. Auch mit dem Alkohol am Steuer nahm man es in bis zum Beginn der 70er Jahre nicht so genau. Erst im Juli 1973 wurde die 0,8-Promille-Grenze eingeführt, 1998 auf 0,5 Promille verschärft.
Leere Straßen bis zum Zweiten Weltkrieg
„Die Motorisierung setzte massiv in den 1960er Jahren ein“, sagt Nolte. Bis zum Zweiten Weltkrieg seien die Straßen mehr oder weniger leer gewesen. In Kriegszeiten konnte sich kaum einer ein eigenes Fahrzeug leisten, da es weder Angebot noch Geld gab. Nach dem Zweiten Weltkrieg stand alles im Zeichen des Wiederaufbaus. Vorrangig seien damals jedoch Lkw, Krankenwagen und Behördenfahrzeuge produziert worden.
Erst in den 50er und 60er Jahren wurden viele Kleinfahrzeuge hergestellt. Lloyd, Gutbrod, Kleinschnittger, Gogomobil waren auch auf den örtlichen Straßen unterwegs. „Wirklich ausgebaut war zunächst nur die Hauptstraße“, berichtet Nolte. 1934 wurde auch der Südring für den Verkehr ausgebaut.
„Unfälle passierten hauptsächlich an den Einmündungen in Hauptverkehrsadern“, sagt Nolte. Ampelanlagen suchte man an den Kreuzungen viele Jahre vergeblich.