Heiligenhaus. . Weihnachtspräsente für die Mitarbeiter der Stadt dürfen nicht teurer sein als 2,50 Euro. Alles andere gilt als Bestechung.
Ein Weihnachtsgeschenk für 2,50 Euro ist nicht knauserig, sondern gerade noch angemessen. Jedenfalls dann, wenn es sich beim Auspackenden um einen Mitarbeiter der Stadtverwaltung handelt. Was darüber hinausgeht, heißt nicht Geschenk, sondern Bestechung. Trotzdem kommt es alle Jahre wieder vor, dass jemand es mit dem Müllmann, dem Sachbearbeiter im Sozialamt oder dem Bürgermeister für einen höheren Betrag gut meint – und damit zu gut.
Der Fresskorb, ein paar Flaschen Wein, die Einladung zum Weihnachtsbaumfällen – in den letzten Jahren beluden besonders Unternehmen allzu eifrig den Gabenschrank der Stadt. Bislang allerdings ist er noch leer. „Noch haben wir nichts bekommen“, sagt Reinhold Schmidt, Fachbereichsleiter Hauptverwaltung. „Diese Woche könnte das passieren.“ In der letzten Woche vor den Weihnachtsferien beschenken Bürger eben nicht nur Familie und Freunde, sondern auch mal die Beamten ihrer Heimatstadt.
Was nett gemeint ist, bringt den Beschenkten allerdings in die Bredouille: Entweder er stößt den Spender der milden Gabe mit seiner Ablehnung vor den Kopf, oder er macht sich strafbar. „Da besteht Unsicherheit: Wie verhalte ich mich richtig?“, weiß auch Schmidt. Einen Anhaltspunkt bietet die sogenannte Kleinbetragsregel: Kugelschreiber und Kalender sind in der Regel unproblematisch. Den Kleinbetrag hat die Stadt selbst festgelegt; auf 2,50 Euro. Allerdings betont Schmidt: „Aber wirklich nur der Gegenwert. Niemals dürfen Mitarbeiter Geld, Gutscheine oder Rabatte annehmen.“ Auch nicht für einen Cent.
Die Fresskörbe gingen an die Tafel
Alles andere „hat im weitesten Sinne mit Korruption zu tun“, erklärt Schmidt. „Gerade als Behörde muss man da sensibel sein. Das ist so ein fließender Übergang, dass man richtig aufpassen muss.“ Deshalb regelt eine Dienstanweisung zum Beispiel den Umgang mit Gaben, die 2,50 Euro überschreiten. So wie letztes Jahr. „Da kamen ein paar Flaschen Wein“, erinnert sich der Fachbereichsleiter. Gemäß der Richtlinie wurde die flüssige Gabe ordnungsgemäß erfasst und weggeschlossen. Zum Vorschein kam sie erst wieder, als ein Verein für eine Tombola um Spenden bat. Wie überhaupt die Stadt verschenkt, was ihre Angestellten nicht annehmen dürfen. Zum Beispiel die Fresskörbe: „Die haben wir immer an die Tafel weitergegeben.“ Und im Zweifel? Wenn der Beschenkte schwankt, ob der Geber mit 2,50 Euro hinkam oder nicht? „Den Vorgesetzten fragen. Am besten schriftlich.“
Laut Schmidt funktioniert dieses System. Der letzte Fall von Korruption – bei den Stadtwerken – sei schon mehr als ein Jahrzehnt her; auch Bestechungsversuche alles andere als an der Tagesordnung: „Da ist mir in den letzten Jahren nichts zu Ohren gekommen.“ Früher hingegen habe der ein oder andere Mitarbeiter schon mal Angebote bekommen, die er besser ablehnte: „Als Steffi Graf und Boris Becker noch Tennis spielten, hieß es schon mal: ,Ich hab’ da zwei interessante Karten für den Rochus-Club.’“ Dass solche Sitten mit den Karrieren der beiden Stars endeten, kann Schmidt nicht beschwören. Mit Blick auf den Millionenskandal beim Hochbauamt der Nachbarstadt Ratingen sagt er: „Da fragt man sich schon: Könnte so etwas auch hier passieren? Wenn ich nein sagen würde, würde ich wahrscheinlich lügen.“
Korruption vorbeugen
Um Ähnliches trotzdem zu verhindern, setzt die Verwaltung auf Prävention. Unter anderem mit der zentralen Vergabestelle: Sie sorgt seit 1997 dafür, „dass die Entscheidung über den Zuschlag nicht da getroffen wird, wo der Bedarf entsteht“, wie Schmidt beschreibt. So beugt sie einer möglichen Versuchung vor. Sollte doch ein Mitarbeiter schwach werden, greift hoffentlich die soziale Selbstkontrolle: „Die Kollegen gucken sich natürlich auch auf die Finger.“ Oder auf das Auto – bei 350 Angestellten der Stadtverwaltung ein noch überschaubarer Fuhrpark. „Da fällt es auf, wenn jemand auf einmal mit dem Porsche vorfährt.“
Der Porsche wird die von der Stadt zugelassene Höchstgrenze von geldwerten Geschenken auch in Zukunft sprengen. Die noch aus dem Jahr 2000 stammenden 2,50 Euro sollen aber erhöht werden. Allerdings maßvoll: Ein einstelliger Betrag soll es bleiben.
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