Heiligenhaus. . 2013 feiert die SPD ihr 150-jähriges Bestehen im Kreis. Ihre Geschichte gibt es jetzt nachzulesen in einem neu erschienenen Lesebuch.
Die SPD gibt es, solange es Heiligenhaus als eigenständige Gemeinde gibt. Nach dem Gebietsstreit über Tüschen und der resultierenden Abspaltung von Velbert hatten klassenbewusste Heiligenhauser Arbeiter das Bedürfnis nach einem eigenständigen Verein. 1897 legte der „Allgemeine Arbeiterverein zu Heiligenhaus und Umgegend“ in seiner Satzung fest, er bezwecke „die Wahrung und Förderung der wirtschaftlichen und geistigen Interessen seiner Mitglieder. Dieser Zweck wird erstrebt durch Unterstützung in Lohnkämpfen sowie Einwirkung auf alle Angelegenheiten, welche in die wirtschaftlichen Verhältnisse eingreifen.“
Bildung für Arbeiter
Dass die SPD in der Kaiserzeit als potenziell revolutionäre und somit staatsfeindliche Kraft unter Beobachtung und Repressionen stand, wird heute oft vergessen. Ihr damaliges Programm? „Eigentlich wie heute“, sagt Hermann Schmidt: „Bildung, Bildung, Bildung.“ Von Anfang an sei es dem Verein um die Unterhaltung einer Bücherei gegangen, „ein Vorwand gegenüber der allmächtigen Staatspolizei, um den dumm gehaltenen Arbeitern Zugang zu Bildung zu verschaffen“. Es waren außerdem noch dicke Brettern zu bohren, bis die Arbeiter-Kleingrüppchen in den Heiligenhauser Kleinunternehmen sich überhaupt als „die“ Arbeiterschaft und somit als politische Kraft wahrnahm. Die Bedingungen waren nicht ermutigend für einen ungebildeten Arbeiter. Wegen seines geringen Einkommens zählte seine Stimme im Dreiklassenwahlrecht kaum.
In den Zwischenkriegsjahren wehte ein liberalerer Wind, allerdings ist aus dieser Zeit vor allem das Parteien-Kleinklein überliefert, dem die Machtergreifung der Nazis ein Ende bereiteten. Die SPD ging in den Untergrund. Wichtige Zeitzeugin der NS-Zeit ist Erna Schulten, deren Vater Karl zwischen 1919 und 1933 als SPD-Ortsvereinsvorsitzender engagiert war und darum von den Nazis engmaschig überwacht wurde. Nach dem Krieg wurde er von den Siegermächten wieder eingesetzt.
Gesamtschule nach Jakob Muth benennen
Die SPD hatte es auch nach dem Krieg nicht leicht in Heiligenhaus. Obwohl das Autorenkollektiv bezeugt, die SPD habe zwischenzeitlich „viel Kompetenz im Rathaus“ und damit „viel mehr geistige Substanz als die Gegenseite“ gestellt, beschränkten sich die Zeiten, in denen sie personell oder gar ratsmehrheitlich durchregieren konnte, auf die Amtszeiten von Emil Döllken (’46 bis ’48 von den Besatzern eingesetzt), Hermann Schwarze (gewählt ’89) und die SPD-Stadtdirektoren Johannes Berge (’49 bis ’54) und Werner May (’92 bis ’99).
Schwarze schreibt das Lesebuch die Grundsteinlegung für viele heute aktuelle städtische Entwicklungen zu, so das Thema Entflechtungsstraße, die wasserwirtschaftliche Eigenversorgung der Stadt und die Einrichtung einer Moschee im Bahnhof. Aufs Konto der SPD gehe auch die 1992 eingerichtete Gesamtschule. Der berühmte Pädagoge Jakob Muth, auch ein wichtiger Akteur der Heiligenhauser SPD-Geschichte, hatte sich als Sonderpädagoge und Wegbereiter der Inklusion für sie eingesetzt und in seinem Buch „Nordrhein-Westfalens Gesamtschule“ (1971) die Notwendigkeit derselben an den konkreten Heiligenhauser Gegebenheiten erläutert.
Hermann Schmidt bekennt sich zu Muth: „Ich versuche schon seit Jahren zu erreichen, dass eine der Heiligenhauser Schulen nach Jakob Muth benannt wird. Am besten die Gesamtschule.“