Heiligenhaus. . Knifflige Parkplatzsuche, mehr Leerstand, fehlender Kontakt mit Menschen: Der WAZ-Leserbeirat macht sich Gedanken zur Entwicklung im Stadtzentrum.

Mitreden, Vorschläge einbringen, aber auch Kritik äußern, kurzum: gemeinsam gestalten – mit der inzwischen vierten Planungswerkstatt schenkt die Verwaltung den Heiligenhauser Bürgern ein Ohr, wenn es um die Stadtentwicklung und hier speziell um das künftige Erscheinungsbild der Hauptstraße geht. Was fehlt? Was stört? Was kann besser gemacht werden? Wie eine Stadt tickt, wissen am besten ihre Einwohner. Selbstverständlich also, dass die WAZ-Redaktion bei denen, die hier leben, nämlich ihren Leserbeiräten, nachhakte, wie sie mit der Gesichtsveränderung zufrieden sind.

Autos und Lkw auf der Hauptverkehrsader sind immer noch ein großes Thema für unsere sechs Leserbeiräte. „Ich habe den Eindruck, es ist mehr Verkehr geworden auf der Hauptstraße – parkender wie fahrender“, vermutet Jürgen Karl. Zwar entgegnet Karl-Heinz Schroth, dass wegen der einspurigen Fahrbahn der Eindruck täuschen könne, „die fahren aufgereiht statt parallel – da hat man schnell mal zehn Autos in einer Spur“.

Ampeln zeigen zu lange Grün

Aber auch Achim Luthe beobachtet eine Überlastung der Hauptstraße. Zu wenige Autofahrer würden, aus Velbert kommend, zur Umgehung in die Westfalenstraße abbiegen. „Die Ampeln in der Stadt zeigen zu lange Grün“, schlägt er zur Lösung vor, „denn da passen locker 13, 14 Autos durch. Es wäre besser, wenn das nur ein paar schaffen würden, dass man gezwungen wird, außen herumzufahren.“

Der Einzelhandel im Stadtzentrum hingegen ist natürlich auf reichlich Besucher angewiesen. Engpässe beim Parken sind da programmiert. „Das Problem unserer Zeit ist ja, dass es jeder gerne bequem hat“, sagt Nina Beer, „wenn ich irgendwo hinfahre und etliche Runden drehe, um einen Parkplatz zu finden, dann mache ich das vielleicht noch dreimal mit. Aber beim vierten Mal sage ich mir: Das tu’ ich mir nicht an.“ Das Problem relativiere sich, wenn die Parkplätze am Basildonplatz frei sind, erklärt Luthe und lobt den Baufortschritt an der Westfalenstraße: „So eine fleißige Truppe wir dort habe ich noch nicht gesehen.“

Allerdings trauern die sechs Leserbeiräte den abwandernden Discountern Aldi und Netto nach. „Wir haben immer mehr Leerstände“, ärgert sich Jürgen Karl, gerade ältere, nicht so mobile Bürger seien auf diese Einkaufsmöglichkeiten angewiesen. Marianne Schuster pflichtet ihm bei und sagt: „Man überlegt sich ja schon, ob man für seine Wurst noch in die Stadt fährt oder das auch woanders macht.“ Bezogen auf den neuen Netto-Standort an der Rheinlandstraße findet Udo Weber: „Der ist schlecht zu erreichen, da muss man definitiv mit dem Auto hin.“

Anonymität bei Insel-Lösungen

Die neu geschaffenen Insel-Lösungen wie in Grün Selbeck können Segen und Fluch zugleich sein. „Ich kann kostenlos vor der Türe parken, teils sogar überdacht, und bekomme dort alles, was ich möchte: günstig oder auch qualitativ hochwertig“, sagt Nina Beer einerseits, bemängelt aber auch die Anonymität: „Ich finde es gut, Leuten über den Weg zu laufen, nett zu nicken oder auch mal ein Pläuschchen zu halten. Das ist in der Hauptstraße so. Und ich fände es schade, wenn das ausstirbt.“

Die ausbleibende Geschäftsvielfalt ist vielen ein Dorn im Auge, die Kaufkraft fließe davon. „Vorne in Velbert gibt es Netto, dm und einen Bio-Markt. Wer in Hetterscheidt wohnt…“, beendet Udo Weber den Satz nicht. Auch wenn es nicht um Lebensmittel gehe, zöge die Innenstadt den Kürzeren. „Die jungen Leute wollen shoppen gehen, nicht nur eine Liste abhaken“, meint Jürgen Karl, „die gehen los und wissen nicht, was sie kaufen. Für die fehlt das Angebot.“ Dass C&A bald Einzug hält an der Hauptstraße, begrüßt Nina Beer: „Ich bin gespannt, wie es akzeptiert wird. Ich hoffe, das läuft gut und belebt die Stadt.“

Kiekert-Gelände anschließen

Ein Einkaufszentrum auf dem ehemaligen Kiekert-Gelände würde ebenfalls zur Attraktivität beitragen. Dass Aldi dort nicht ansässig wird, findet Leserbeirat Jürgen Karl sogar gut: „Wenn Aldi sich dort noch weiter ausweiten würde, könnte doch überhaupt kein anderes kleines Geschäft mehr existieren.“ Probleme sieht Karl jedoch bei der Anbindung des geplanten Einkaufszentrums: „Wenn die Stadt gewusst hätte, dass Kiekert aufgibt und Hitzbleck auch, hätten sie vielleicht anders geplant und das Kiekert-Gelände an die Innenstadt angeschlossen. Da sind sie 40 Jahre nicht zu Potte gekommen – die drei Jahre hätten sie auch noch warten können.“