Heiligenhaus. . Im Rahmen des Parlamentarischen Patenschaftsprogramms verbrachte Ricarda Peters ein ganzes Jahr in den USA. Nach ihrer Rückkehr betrachtet sie ihre Heimat mit anderen Augen.

400 junge Menschen laufen der Reihe nach auf eine große Bühne. Alle haben sie ein dunkelgrünes Gewand an und nehmen in der Aula der Traverse City West High School vor mehr als 2000 Menschen ihr Diplom entgegen. Eine von ihnen ist Ricarda Peters. Nach der Zeremonie werfen alle Schulabsolventen ihre Doktorhüte – die „Mortarboards“ – in die Luft. „Die ganze High School ist genau so, wie man es aus amerikanischen Filmen kennt“, sagt die Schülerin. Und sie weiß, wovon sie redet.

Mit Stipendium nach Amerika

Die 17-Jährige hat ihr ganzes Leben in Heiligenhaus verbracht. Vor mehr als einem Jahr bewarb sie sich im Rahmen des Parlamentarischen-Patenschafts-Programms (PPP) des Deutschen Bundestages für ein Stipendium für ein Auslandsjahr in den USA. Nach einem Auswahlgespräch im Büro des für Heiligenhaus zuständigen CDU-Bundestagsabgeordneten Peter Beyer wurde sie für das Programm ausgewählt – und verbrachte daraufhin ein ganzes Jahr im US-Bundesstaat Michigan an der kanadischen Grenze.

Mit zwei Koffern und ihrem Saxofon kam sie nach Traverse City, einer kleinen Stadt im Norden des „Staates der großen Seen“. Von ihrer Gastfamilie wurde die Heiligenhauserin herzlich aufgenommen und wie das eigene Kind behandelt. In der Schule war die Integration schwieriger. „Es sind 2000 Leute auf der Schule, da fühlt man sich schnell verloren“, so das Mädchen aus der Oberilp. Austauschschüler seien auch nichts Besonderes mehr – gleichzeitig mit ihr waren noch 24 andere da, davon elf aus Deutschland.

Die Musik war schließlich die Verbindung. Neben den Wahlfächern Kochen und Fotografie entschied sich Ricarda Peters nämlich auch für die Schul-Band und knüpfte so schnell Kontakt zu den anderen Mitgliedern. Die Offenheit der Amerikaner stecke an. „Ich war sehr schüchtern, jetzt ist es viel einfacher für mich, auf Leute zuzugehen“, sagt sie mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht.

Zusammenhalt beim Sport und in der Familie

Der School-Spirit (also der Team-Geist der Schule) sei ebenfalls bewundernswert. Zum Football-Spiel ginge die ganze Schule. Bands und Cheerleader sorgten für Stimmung, und alle seien stolz auf ihre Schule und ihr Team. Die Saxofonspielerin weiß: „Sport ist da generell sehr wichtig.“ Deshalb hat sie auch den kalten Winter und den Schnee dazu genutzt, um Snowboard- und Skifahren zu lernen.

Eine Umstellung bedeutete auch das Familienleben. Die Freizeit verbringe man in den USA gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern, erzählt Ricarda. Und wenn man sich doch mal auf sein Zimmer verdrückt, wird keinesfalls die Tür geschlossen. „Das hab’ ich mir so angewöhnt“, bemerkt Ricarda Peters, „ich lass meine Tür hier zu Hause jetzt auch immer auf. Dadurch kommt meine kleine Schwester viel öfter rein, und wir verstehen uns jetzt viel besser.“ Dass man so viel Zeit mit der Familie verbringt, vermisst sie hier in Deutschland.

Trotzdem möchte die Heiligenhauserin in Deutschland wohnen bleiben. Das Auslandsjahr sei eine großartige Erfahrung, die sie jedem empfehlen würde. „Auf Dauer bleiben zwar nur die positiven Eindrücke, aber ich habe in dem Jahr auch die schlechten Seiten der USA gesehen“, so die 17-Jährige. Was ihr nicht gefällt: Alles sei so groß, auch die Entfernungen seien gewaltig. Außerdem ist sie mit der amerikanischen Politik unzufrieden. Alles in allem sei sie aber beeindruckt vom Land der unbegrenzten Möglichkeiten. „Ich habe durch das Auslandsjahr gemerkt, wie wichtig mir meine Familie ist“, zieht Ricarda Peters ein Fazit, „und wie gut wir es hier in Deutschland haben“. Ihre Heimat schätzt sie nun sehr.

Vom weiteren Reisen und Welt-Entdecken wird sie das nicht abhalten. Erst einmal heißt es jedoch wieder eingewöhnen: Nach ihrem Realschulabschluss in Ratingen besucht sie seit August das Kant-Gymnasium. Aber sich irgendwo neu einzuleben, damit hat sie ja jetzt schon Erfahrung.