Heiligenhaus. . Simon Davidson will die International School auf internationales Top-Niveau führen. Ein Gespräch gute Pädagogik, langfristige Pläne – und Haggis.

Die Regale in Simon Davidsons Büro sind noch leer. An den Wänden hängen eine Pinnwand, eine Schwarz-Weiß-Fotografie von einem Hund und eine Kinderzeichnung von einer Garfield-farbenen Katze. Lernen wir den Menschen hinter dem neuen Schulleiter ein wenig kennen.

Gibt’s bald Haggis an der ISH?

Im Januar werden wir eine Robert-Burns-Nacht veranstalten, und da gibt es auch Haggis. Ansonsten setzen wir auf das in Deutschland übliche Essen. Ich werde aber nicht Dudelsack spielen.

Warum sind Sie Lehrer geworden?

Mein Großvater ist in den 1930er Jahren aus Schottland nach Jamaika ausgewandert und wurde im Alter von 23 Jahren der jüngste Schulleiter, den es dort je gab. Er gründete später eine eigene Schule. So bin ich mit Geschichten aus der Schule aufgewachsen und darüber, wie wichtig Bildung und Erziehung sind. Als ich aus der Schule kam, hatte ich aber keinerlei Absichten, Lehrer zu werden. Ich habe einen Universitätsabschluss in Mathematik gemacht. Die Mathematik begriff ich als Rätsel, und das habe ich gerne gelöst.

Welche Rätsel lösen Lehrer?

Als Lehrer sieht man, wie sich Kinder entwickeln und lernen, und man lernt, sie zu verstehen. Man sieht, wie sie älter werden und klüger. Deshalb ist Lehrer auch ein sehr optimistischer Beruf. In meinem letzten Jahr an der Uni habe ich an einem Bildungsprojekt teilgenommen, und das fand ich noch lohnender als Mathematik. Das Rätsel, das es zu lösen gilt, ist, herauszufinden, wie jedes Kind am besten lernt.

Von der Schulevaluation für die Weltbank zum Leiter einer Schule in Heiligenhaus – was reizt Sie an Ihrer neuen Aufgabe?

Die letzten vier Jahre waren sehr interessant; ich habe viele verschiedene Schulen gesehen. Aber man ist jede Woche an einer anderen Schule. Deshalb ist das auf lange Sicht nicht so befriedigend. In Bonn hatte ich die Befriedigung zu sehen, wie die Schule sich und ihren Ruf noch verbessert hat. Die ISH in Heiligenhaus hat eine interessante Geschichte. Es gibt hier viele positive Aspekte: Das Schulgebäude verströmt eine positive Atmosphäre, die chinesische Sprache läuft gut – aber die Schule braucht ein solideres Management. Dann hat sie auch Potenzial. Das lässt sich daran ablesen, wie stark sie in den ersten paar Jahren gewachsen ist.


Ein kurzer Faktencheck zwischendurch: Wie viele Schüler von den einst 300 sind noch da? 50 bis 80. Wie viele Lehrer? 17. Ist Dr. Ursula Mock noch mit an Bord? Nur bis die administrativen Dinge abgewickelt sind. Was für ein Pädagoge ist Simon Davidson?

Leistungsdruck oder Laissez-faire?

Herausforderung ist wichtig. Kinder genießen Herausforderungen. Wir wollen, dass sie zu Erwachsenen heranwachsen, die das auch genießen. Das bedeutet nicht, dass wir sie pushen, pushen, pushen. Es bedeutet aber auch nicht, dass alles soft, soft, soft ist. Die Herausforderung für unterschiedliche Kinder wird verschieden sein. Und es wird Herausforderungen geben nicht nur im akademischen Bereich, sondern auch im persönlichen. Wir wollen ihnen die Liebe zum Lernen vermitteln und die Neugier, Dinge herausfinden zu wollen. Und wir wollen ihnen die Werkzeuge an die Hand geben, mehr tun zu können als eine Google-Suche durchzuführen, um Antworten auf ihre Fragen zu finden. Wir wollen, dass sie Denker und Fragende sind.

Ein schönes Konzept – ich schicke mein Kind auf eine Schule, und es kommt nicht nur mit Antworten wieder heraus, sondern auch mit neuen Fragen. Wie will er das an der ISH in Stundenpläne und Strukturen übersetzen?

Binnen eines Jahres sind Sie der dritte Schulleiter. Wie schwierig ist es, nach der turbulenten Zeit die ISH zu übernehmen?

Viele Dinge müssen schnell erledigt werden, damit am 15. August alle Kinder hier gut lernen können. Die Lehrpläne müssen überarbeitet werden, das Kollegium muss vervollständigt werden. Dabei wird mein Blick weniger darauf gehen, wie die Dinge hier im letzten Jahr gelaufen sind, sondern darauf, wie das an den besten Schulen gehandhabt wurde, die ich in den letzten Jahren gesehen habe. Es wird ein paar Jahre dauern, die Schule auf Topniveau zu bringen. Die Schüler sollen flüssig Englisch und Deutsch sprechen, gut Chinesisch, Spanisch oder Französisch, und sie sollen kritisches Denken lernen. Sie sollen ihr Wissen auf unterschiedliche Situationen anwenden können und dabei mit anderen zusammenarbeiten können. All das ist Teil eines erfolgreichen Menschen – und das ist es, was unsere Schüler sein sollen.

Was ändert sich formal?

Die ISH wird in Zukunft grundlegend anders organisiert werden, mit viel mehr Vorbereitung. Bisher wurden Dinge hier vielleicht einen Monat im Voraus geplant, das sorgt für einen Mangel an Kontinuität. Die Planungen, die wir jetzt angehen, sind nicht für die nächsten ein, zwei Jahre. Es geht darum, die nächsten fünf bis zehn Jahre oder länger gut arbeiten zu können.

Was ändert sich zwischenmenschlich?

Ich weiß nicht viel darüber, wie es bisher lief, außer dass es nicht gut ging.Wichtig ist Offenheit gegenüber Eltern und Lehrern darüber, wie Dinge gesteuert werden. Eine gute Kommunikation ist das Herz einer Schule. Ein starker Dialog mit den Eltern ist ein bedeutender Teil davon. Dafür wird es eine Einrichtung geben. Das könnte ein Elternrat sein oder eine andere Lösung.


Das Interview haben wir auf Englisch geführt, zum Abschluss bittet Davidson um Zusendung auf Deutsch – das sei gut für seine Sprachkenntnisse. Sein Deutsch ist solide mit schottischem Akzent; auf Englisch fühlt er sich aber sicherer. Das R rollt er nur in seiner Muttersprache.

Was bleibt bis zum Schulstart am 15. August noch zu tun?

Die Stundenpläne müssen erstellt werden, wir müssen mit Eltern sprechen und das Kollegium vervollständigen. Eine neue Website muss erstellt werden. Ich muss umziehen – zurzeit wohne ich noch in Como.

Kennen Sie Heiligenhaus schon?

Um ehrlich zu sein – nein. Letzte Woche war ich für zwei Tage hier und bin durch einige der umliegenden Städte gefahren. Es ist hübsch hier, sehr grün.