Heiligenhaus. . Fahrsicherheitstrainings für motorisierte Zweiräder helfen, Unfälle zu vermeiden. WAZ-Mitarbeiterin Susanne Kollmann ist in Heiligenhaus mitgefahren.
Ich fahre mit rund 50 km/h eine Straße entlang. Plötzlich taucht direkt vor mir ein Kind auf. Ich spüre, wie sich mein Puls schlagartig beschleunige und vergesse zu atmen. Geistesgegenwärtig ziehe ich die Bremse und schaffe es knapp, einen Unfall zu vermeiden. Zu meinem Glück war das Kind ein Hütchen und die Situation eine Übung des Fahrsicherheitstrainings für Motorräder der Kreisverkehrswacht Mettmann auf dem THW Gelände in Heiligenhaus.
„In so eine Situation geratet Ihr schneller, als euch lieb ist“, so Joachim Naase, stellvertretender Vorsitzender der Kreisverkehrswacht Mettmann. Kaum ausgesprochen, geht es in die zweite Runde: Wieder auf 50 km/h beschleunigen und dem Hindernis entgegenfahren. Nur dieses Mal ziehe ich nicht mit ganzer Kraft an der Bremse, sondern schere bei vollem Tempo aus und versuche, möglichst schnell auf meine Spur zurückzukommen. „Ihr habt keine Zeit, um nachzudenken. Ihr müsst sofort handeln und das automatisch. Einen zweiten Versuch gibt es nicht“, betont Naase. Ich denke kurz an das Kind. Er hat Recht. Schaffe ich es nicht rechtzeitig auszuweichen oder zu bremsen, wird es den Unfall im schlimmsten Fall nicht überleben.
Mit jeder neuen Maschine wieder neu üben
Natürlich ist es wichtig, Ausweichmanöver und Vollbremsungen zu trainieren, doch das geht nur, wenn man das Motorrad beherrscht. Ulrich Muchow, Roland Graf und auch die meisten anderen der zwölf Teilnehmer kennen ihr Gefährt, viele fahren seit mehr als 20 Jahren. Und trotzdem nehmen sie regelmäßig an Fahrsicherheitstrainings teil. „Es schadet nicht, seine Kenntnisse aufzufrischen und zu vertiefen. Schließlich lernt man nie aus“, appelliert Ulrich Muchow. „Gerade wenn man sich eine neue Maschine kauft, sollte man ein Training wahrnehmen“, fügt Roland Graf hinzu, der neben seiner Suzuki auch Shopper und Geländemaschinen gefahren ist. „Außerdem verändert sich die Technik. Die Motorräder werden schneller und Bremsen besser. Da kann man sich leicht verschätzen. Im Alltag würde ich das nicht ausprobieren. Hier aber gibt der Trainer hilfreiche Tipps und fängt gegebenenfalls das Motorrad auf, wenn es droht umzufallen“, so der 56-jährige Muchow.
Auch Stabilisierung, Gewichtsverlagerung und Schräglagen stehen bei Trainer und Fahrlehrer Joachim Naase auf dem Plan – vielen bekannter als Slalom, Kreise und Achten. Wenn es eines ist, dass ich mir dabei gemerkt habe, dann: „Der Blick führt die Bewegung.“ Heißt: Da, wo ich hinschaue, fahre ich hin. Was im Nachhinein logisch klingt, war anfangs nicht leicht umsetzbar. Schließlich fokussiert man immer das, was man nicht darf.
Rückblickend muss ich mir selbst eingestehen, dass das Fahrsicherheitstraining alle meine Vorstellungen bei Weitem übertroffen hat. Es ist anstrengend, aber dank Joachim Naase hätte ich mir vermutlich niemals so viel so schnell zugetraut. Sollte das Hütchen einmal doch ein Kind sein – ich bin jetzt hoffentlich gewappnet.