Heiligenhaus. . Der Hegering arbeitet mit Bauern zusammen, um Tiere vor dem Tod durch Mähmaschinen zu bewahren. Eine neue Methode hat sich in dieser Saison schon bewährt.
Das Brummen der Mähmaschine wird immer lauter und bedrohlicher. Ein Halm nach dem anderen verschwindet im rotierenden Messerwerk des Kolosses. Während unsereins schon von Natur aus mit einem Heidenrespekt an die Maschine herangeht, interessiert das Rehkitze recht wenig. Ihr Instinkt verbietet ihnen nämlich in den ersten Lebenswochen, bei drohender Gefahr aufzustehen und wegzulaufen. Deshalb fallen jährlich hunderttausende Kitze den Mähmaschinen zum Opfer. Der Hegering Heiligenhaus-Hösel versucht mit Scheuchen und Warnsignalen, gegen den Mähtod vorzugehen.
Hegeringsleiter Klaus Sternemann hantiert im Kofferraum seines Geländewagens herum und zieht vorsichtig in einem blauen Müllsack verpackte Stangen heraus. „Ich kann sie nicht offen im Auto liegen lassen, weil sie bestialisch nach dem Kitzabwehrspray stinken“, erklärt Sternemann und macht den Müllsack ab. Und tatsächlich, die Scheuchen riechen wie 30 triefend nasse Hunde auf zwei Quadratmeter gesperrt. „Da sind Duftstoffe von Bären und Wölfen eingearbeitet. Immerhin soll es die Rehe verscheuchen“, weiß Sternemann.
Das klappt aber auch hervorragend mit Menschen. Denn während Jagdaufseher Rainer Glaubitz und Jungjäger Henrik Fleischer die Stangen in die Mitte des Feldes tragen, hält der Rest der kleinen Gruppe gebührenden Abstand. „Die Stangen werden einen Abend, bevor der Bauer die Wiese abmäht, in einem Abstand von 30 bis 50 Metern aufgestellt. Dann können sich die Tiere nicht daran gewöhnen“, erklärt der Hegeringsleiter.
Wenn’s stinkt, führen die Ricken ihre Kitze aus dem Feld heraus
Die Ricken fühlen sich von den klappernden und stinkenden Stangen bedroht und führen ihre Kitze aus dem Feld heraus. Von alleine würden die Kleinen nämlich nicht auf die Idee kommen wegzulaufen. „Ihre Mutter legt sie an einer Stelle ab, und dort bleiben sie die ersten Wochen liegen“, weiß Sternemann.
Neben den Kitzscheuchen gibt es noch eine andere Methode, die Rehe aus den Feldern zu vertreiben. Und die hat der Heiligenhauser Bauer Jörg Heesen an seiner Mähmaschine angebracht. Vorne an dem gewaltigen Mähwerk ist ein unscheinbares kleines weißes Kästchen festgeschraubt. Unscheinbar ist es zwar immer noch, wenn Heesen es anmacht, unhörbar jedoch definitiv nicht mehr. Ein schrilles und ohrenbetäubend lautes Warnsignal schallt aus der Apparatur bis in die letzte Ecke der Lagerhalle. „Die Nachbarn freuen sich immer, wenn ich damit über das Feld fahre“, sagt der Landwirt und lacht.
„Die Methode ist neu und wird jetzt im ersten Jahr hier in Heiligenhaus von den Bauern getestet“, so Sternemann. Dass das akustische Warnsignal für rund zehn Euro wirklich funktioniert, möchte Heesen gleich vorführen und fährt auf eine noch nicht gemähte Wiese. Kaum hat er den Schalter umgelegt, reckt sich verschreckt ein Kopf aus dem Feld in die Höhe und schaut sich um. Im nächsten Moment flüchtet das Reh mit großen Sprüngen an den Rand der Wiese und verschwindet im Waldstück. „Wir haben schon öfter so etwas beobachtet. Es ist eine gute Sache, um die Tiere zu retten“, findet Heesen. Dann müssen die Nachbarn sich in der Mähsaison wohl Ohrstöpsel zulegen.