Heiligenhaus. . Volker Kiekert berichtete im VHS-Erzählcafé von den zwei Kiekerts: von sich und der Firma KiNi.

Leicht fiel ihm das Erzählen nicht. Es ist auch nicht leicht, Teil der Heiligenhauser Industriegeschichte zu sein und, um ein solcher zu werden, seinen Platz in einem Familienbetrieb zu finden. Volker Kiekert, der auf Einladung von Moderator Peter Ihle im jüngsten VHS-Erzählcafé sprach, hat beides geschafft.

Vom schwierigen Schüler und einfachen Industriekaufmann bei Hespe & Woelm („schon damals ein fortschrittlicher Ausbildungsbetrieb“) zum Diplom-Wirtschaftswissenschaftler, aber „ich bin nicht so der Wissenschaftler, ich packe lieber an“, zum Prokuristen von Kiekert & Nieland bis zur Ablöse seines Onkels in der Geschäftsführung: klingt geradeaus. Die Wahrheit: Zielstrebig und verantwortlich sei Volker Kiekert erst 1966 geworden. In einer Woche waren Vater und Sohn noch südlich von KiNi am Südring spaziert und der Vater hatte gesagt, es ginge voran, „Hier kommt bald die A 44“. Die Woche darauf war er tot.

Dann sei Sohn Volker an der Reihe gewesen und habe sich gesagt: „Du setzt dich nicht ins gemachte Nest, du fängst da an, wo du bei Hespe & Woelm aufgehört hast, und von da an soll sich der weitere Weg je nach Leistung ergeben.“

Bei den Nachbarn wurden die Wände rissig

Seit 1966 ist Volker Kiekerts Geschichte Firmengeschichte. KiNi wuchs als Wirtschaftsfaktor – und als Ärgernis für manchen Anrainer, wie der ehemalige Bürgermeister Ihle zu erzählen weiß: Da kamen die riesigen Sattelschlepper und blockierten den Südring. Und bei KiNi wurde gestanzt, was das Zeug hielt, in den Siebzigern noch ohne Hydraulik und Stoßdämpfung. In der Suitbertus-Schule wurden die Wände rissig. Kiekert: „Wir merkten von den Erschütterungen nichts, aber durch das Erdreich übertragen, merkten die Nachbarn was davon.“ Nicht immer einfach mit KiNi. Heute können Ihle und Kiekert, befreit von ihren einstigen Ämtern, drüber lachen.

Leider oblag es dem letzten Geschäftsführer von KiNi 2010 dann auch, die letzte Bremsung festzustellen, das Scheitern seiner Firma an der Krise, und das den Mitarbeitern mitzuteilen, die in den Siebzigern zeitgleich mit ihm dort angefangen hatten. „Zuletzt wurde nur noch zehn Stunden in der Woche gearbeitet.“ Kiekert & Nieland lief Gefahr, seine Zulieferbetriebe mit hinab zu ziehen.

Der Betrieb baute ganz spezielle Teile für Lkw-Bremsen, „ein sehr kleines Marktsegment, auf dem es praktisch keinen Wettbewerb gab“. Auch mit Hespe & Woelm, bei denen er sein Handwerkszeug als Industriekaufmann sammelte, sei man sich nicht in die Quere gekommen. Lange ging das gut. 2007 sei ein sehr gutes Jahr gewesen. Dann kam die Investitionszurückhaltung in der Krise, und „Lkw sind schließlich Investitionsgüter“.

1904 trennten sich die beiden Kiekerts

Wie dann im letzten Firmenkapitel ein Unternehmer aus dem Südkreis KiNi aufkaufte, 40 Mitarbeiter zunächst übernahm und kurz darauf 38 auf die Straße setzte, ist den WAZ-Lesern noch im Gedächtnis. Kiekert nennt das „Kapitalismus in seiner schlimmsten Form“.

Seit der Spuk vorüber ist, hat Volker Kiekert, ein ernsthafter Mensch, mehr Zeit für seine Frau, die er 1967 kennenlernte, für die Beschäftigung und die Ausfahrten mit seinem Benz und für die Firmengeschichte, die zu bewahren er sich zur Aufgabe gemacht hat. So wird er zum Nachlassverwalter der historisch gewordenen Kiekert-Generationen, die sich 1904 wegen brüderlicher Differenzen vom anderen Kiekert abspalteten.

Was Kiekert fürchtet: Krankheit und dumme Menschen. Was er sich für seine Zukunft wünscht: viel Zeit und Gesundheit.