Heiligenhaus. . Christel Grunwald ist Pilgerin aus Überzeugung. Im Juni vollendet sie die Hauptstrecke des berühmten Jakobsweges.

„Jeder Schritt, den man geht, ist ein Gebet mit den Füßen.“ Für Christel Grunwald ist ein Weg im Zeichen der Jakobsmuschel mehr als nur ein langer Spaziergang mit einem merkwürdigen Accessoire am Rucksack. Die Heiligenhauserin stellt klar: „Ich gehe pilgern, nicht wandern.“ Zum Pilgern gehört für die Katholikin die religiöse Überzeugung dazu, das Gebet mit den Füßen ebenso wie jenes mit den Händen am Wegesrand oder in einer nahe gelegenen Kirche. Dabei will sie „die Natur erleben, die Schöpfung Gottes.“

Seit fünf Jahren lässt Grunwald ihre Füße beten; eingehüllt in nahtlose Strümpfe und dicke Schuhe – „eingelaufen!“ – und mit einem Acht-Kilo-Tagesrucksack auf den Schultern. Allein hatte ihr Mann Hans Grunwald sie nicht ziehen lassen wollen, seit seiner Pensionierung hat er genug Zeit, seine Frau auf all ihren Wegen zu begleiten. „Am 1. Mai 2007 war mein erster Rentnertag“, erinnert er sich, „am 8. Mai sind wir losgegangen.“ Jeweils mehrere Wochen verbrachte das Ehepaar auf Tour in Spanien, Frankreich und der Schweiz.

In dieser Zeit lief Christel Grunwald jeweils hunderte Kilometer. Was für manchen eine Tort(o)ur wäre, ist für die Pilgerin Erholung. Sie schwärmt: „Man sammelt dabei solche Erfahrungen von Ruhe und Ausgeglichenheit! Jeder, der Probleme hat, soll sich einfach mal auf den Weg machen. Dann sind sie weg.“

Der Ehemann fährt als „Pilgermanager“ mit

Weggelaufen durch viele Schritte und Erlebnisse wie diese: Als die Pilgerin ein Melonenfeld passierte, kam der Bauer spontan auf sie zu und schenkte ihr zwei Früchte; beim Gesang in einer Kirche stimmten zwei junge Mädchen mit ein.

Solche Erlebnisse haben der Heiligenhauserin den Teil des Jakobsweges, der durch Spanien führt, noch zusätzlich versüßt. Da stört es sie auch nicht, dass ihr Ehemann seine Füße statt auf den Pilgerweg lieber auf die Pedale seines Autos setzt: „Ich lauf doch keine 830 Kilometer!“, lacht er. Stattdessen sorgt der „Pilgermanager“, wie er sich selbst scherzhaft nennt, für den reibungslosen Ablauf des Unterfangens; organisiert ein Quartier für die Nacht am nächsten Treffpunkt und befördert mit dem Auto sich selbst, das Gepäck und Hund Caruso dorthin. Auch wenn er das Pilgern mehr als irdische Strapaze begreift – Hans Grunwald ist evangelisch –, er kann ihm durchaus etwas abgewinnen: „Der Jakobsweg ist einfach nur ein schöner Wanderweg.“ Und immerhin kann er ab dem Nachmittag die Zeit zusammen mit seiner Frau genießen, denn sie pilgert von 7.30 Uhr „bis gegen 14.30, 15 Uhr – dann machen wir Urlaub bis zum nächsten Morgen.“

Im Juni wird sich Christel Grunwald, begleitet von ihrem Pilgermanager, wieder einmal auf den Weg machen. Die diesjährige Etappe führt sie vom schweizerischen Genf bis ins französische Le Puy. Nach diesen 350 Kilometern wird sie die Hauptstrecke des Jakobsweges Stück für Stück erlaufen haben, angefangen bei Konstanz. Es wird noch lange nicht das letzte Stück auf der Reise der Heiligenhauser Pilgerin gewesen sein. Christel Grunwald wird weiter mit den Füßen beten: „Einmal angefangen, ist es ein Bedürfnis, das immer wieder zu machen.“