Peking/Heiligenhaus. . Investorengruppe ist sich mit dem chinesischen Automobilzulieferer einig geworden. Gewerkschaft sieht Standort Heiligenhaus noch nicht in Gefahr. Verträge laufen bis Ende 2012. Man werde die Situation aufmerksam beoabachten.
Nun ist es also offiziell: Der Automobilzulieferer Kiekert mit Hauptsitz am Höseler Platz in Heiligenhaus wird an die Hebei Lingyun Industrial aus Peking verkauft.
„Der Vorstand der Kiekert AG ist sich einig, dass Lingyun der richtige Investor ist und dass Kiekert seine Zukunft im Verbund der Lingyun-Gruppe erfolgreich gestalten wird“, erklärt Unternehmenssprecher Sven van Zoest am Dienstag. „Mit dem heutigen Tag beginnt ein neuer Abschnitt für Kiekert!“ Die konservative Planung habe das Unternehmen durch die Krisen der letzten Jahre geführt und wieder profitabel werden lassen. Das Ausrichtung des operativen Geschäftes werde durch das Zusammengehen beider Unternehmen nicht beeinflusst, sagt van Zoest zur Zukunft des Heiligenhauser Standortes.
Kiekert werde das Geschäft mit Schließsystemen im asiatischen Raum deutlich ausbauen und plane, auch Lingyuns Stamm-Produkte nach Europa und in den nordamerikanischen Raum zu bringen.
Bereits seit einem Jahr waren potenzielle Käufer im Werk am Höseler Platz gesichtet worden. Laut wurden die Gerüchte um einen Verkauf im Sommer 2011 (die WAZ berichtete). Im Januar 2012 konzentrierte sich das Ganze auf einen Interessenten „aus Asien“. Die Gerüchte verdichteten sich bereits um Lingyun.
Lingyun ist ein Tochterunternehmen des chinesischen Konzerns Norinco.
Globales Wachstum
Dieser gilt mit 300 000 Angestellten als größter Waffenhersteller Chinas. Zu der Gruppe gehören mehr als 100 Sub-Unternehmen (wie Lingyun) und 35 Forschungsinstitute. Die Lingyun-Gruppe ist wiederum ein börsennotierter Automobilzulieferer, der Kunststoff- und Metallkomponenten entwickelt, produziert und vertreibt. An mehr als 40 Standorten wird ein Umsatz von über 700 Mio. Euro erwirtschaftet.
Durch die Übernahme von Kiekert entstehe ein Zulieferunternehmen mit über einer Milliarde Euro Umsatz und mit massivem globalen Wachstumspotenzial, teilt Kiekert mit. Die Kiekert-Gruppe verkaufte ihrerseits 2011 über 41 Mio. Schließsysteme und damit das größte Produktionsvolumen in der Unternehmensgeschichte. Mit weit über 500 Mio. Euro Umsatz schließe Kiekert wieder an frühere Erfolgsjahre an, heißt es.
Gegründet wurde das Traditionsunternehmen 1857 in Heiligenhaus. Es spezialisierte sich von Anfang an auf Schließsysteme, seit den 1920er Jahren vor allem für Automobile. 1987 wurde die Firma von der Dr. Sterzenbach & Rau Vermögensverwaltungsgesellschaft übernommen. 1995 folgte der Börsengang. 2000 übernahm der internationale Finanzinvestor Permira eine Mehrheitsbeteiligung, 2002 endete die Börsennotierung. Permira musste in 2006 seine Anteile an Gläubiger abtreten – die Hedgefonds BlueBay Asset Management und Silver Point Capital sowie die Investmentbank Morgan Stanley. Weltweit beschäftigt das Unternehmen jetzt 4000 Mitarbeiter in Tschechien, USA, Mexiko und China.
Kiekert sei seit 2007 konsequent restrukturiert worden, so Unternehmenssprecher Sven van Zoest. Die Belegschaft in Heiligenhaus wurde dabei stetig reduziert. Waren es 2656 Mitarbeiter im Jahr 1998 und 1750 beim Standortwechsel von der Kettwiger Straße zum Höseler Platz im Jahr 2005, so beträgt die Mitarbeiter-Zahl jetzt rund 1000.
Belegschaft reduziert
„Ob Kiekert an eine deutsche oder eine chinesische Firma geht, die Standortfrage wird immer gestellt“, erklärt Michele Dattaro von der IG Metall zum aktuellen Verkauf. „Es gibt Verträge, die müssen eingehalten werden. Wichtig ist, ob Produktionslinien hier gehalten werden können.“ Das werde die Gewerkschaft aufmerksam beobachten. Unternehmenssprecher van Zoest versichert zumindest zur Frage einer möglichen Verlagerung von Produktionslinien nach China: „Nein. Aus keinem Standort.“