Heiligenhaus. . Leserbeirat diskutiert den neuen Bürgerhaushalt und übt Kritik. Der städtische Etat sei zu komplex und der Normalbürger überfordert.

Zum Ende wurde noch einmal heiß diskutiert – über Sinn und Unsinn des Bürgerhaushaltes. Die Mitglieder des Heiligenhauser WAZ-Leserbeirates trafen sich am Dienstagabend ein letztes Mal in den Räumen der Lokalredaktion, denn ihre Amtszeit geht nach nun knapp zwei Jahren zu Ende.

Im Mai 2010 kamen die neun Frauen und Männer das erste Mal zusammen, um mit der Redaktion über ihre Zeitung zu reden. Kritik und Anregungen waren gefragt. Bei den dreimal im Jahr stattfindenden Treffen wurde die Berichterstattung vor Ort unter die Lupe genommen, der Dialog mit der Redaktion gesucht.

Leerstände und Langlaufloipe

Heiligenhaus im Wandel – das war und ist immer wieder Thema. So auch am Dienstag. Diesmal ging es beispielsweise um den Einzelhandel bzw. die Leerstände entlang der Hauptstraße – und besonders augenfällig in der Ludgerusgalerie. „Die Anzahl ist doch um einiges höher, als vom Bürgermeister in seiner Neujahrsansprache angegeben“, merkte Thomas Pischke an. Positiv bewertet man die Ansiedlung eines Fahrradgeschäftes, nicht nur wegen der Radlerdichte auf dem Panoramaradweg. Norbert Sindermann: „Als Radfahrer war man hier bislang wirklich unterversorgt.“ Während der Plan, auf dem ehemaligen Bahndamm eine Langlaufloipe einzurichten, eher belächelt wurde. „Wann haben wir schon mal so einen Winter, dass sich das lohnt?!“, sprach Doris Temme allen aus dem Herzen.

Großen Raum nahm die Diskussion über den Bürgerhaushalt ein. „Ich wüsste gar nicht, was ich da vorschlagen sollte“, gab sich Dagmar Haarhaus ratlos, „denn kaum einer hat wirklich Einblick in die betriebswirtschaftliche Führung einer Stadt.“ Peter Berger nickte. „Man muss schon vorgebildet sein“, sagte das ehemalige SPD-Ratsmitglied. Bei einer Klausurtagung der Partei würde jede Haushaltsposition untersucht. „Jeder hat da sein Fachgebiet, zu dem er etwas sagen kann.“ Der Haushaltsplanentwurf sei „einfach zu komplex, als dass da der normale Bürger reinfindet. Da ist man schnell überfordert.“

Folgekosten ungewiss

Jürgen Karl rechnet mit „einer Unmenge unbrauchbarer Vorschläge“. Denn schnell sei der Bürger mit Wünschen bei der Sache, die Folgekosten könne er aufgrund fehlender Sachkenntnis indes gar nicht überblicken. „Die Frage ist auch, wie gering ist der Spielraum angesichts des Haushaltssicherungskonzeptes?“, setzte Thomas Pischke hinzu. Und Marianne Nickel hätte Skrupel, mit der Vorgabe für eine extra Ausgabe eine andere Position zu streichen: „Ich möchte nicht die Verantwortung tragen, jemand anderem etwas wegzunehmen, was ihm vielleicht genauso zusteht.“

Bürgerentscheide (zum Beispiel über die Gestaltung der Hauptstraße) befürwortet der Leserbeirat mehrheitlich. Doch den Bürger an der Gestaltung des städtischen Haushalts zu beteiligen, das sei wohl eher ein „demokratisches Feigenblatt“.