Heiligenhaus. . Örtliche Kitas kommen ohne Strafgebühren für verspätete Eltern aus. Ein Warnschuss ist aber nicht ausgeschlossen.
Im rheinischen Leichlingen sind sie künftig mit zehn Euro Bußgeld pro 15 Minuten dabei: Eltern, die ihren Nachwuchs zu spät aus dem Kindergarten abholen. Auf Druck der Erzieherinnen, die einige extreme Einzelfälle beklagten, ist die Gemeinde in Sachen Strafgebühr vorgeprescht. Die WAZ hat nachgefragt, ob bald auch Heiligenhauser Eltern zur Kasse gebeten werden.
„Eigentlich ist das bei uns kein Thema, dass Kinder zu spät abgeholt werden“, sagt Andrea Kolossa, Leiterin des evangelischen Kindergartens „Die Arche“. Es gebe ein, zwei Familien, die für ein solches Verhalten bekannt seien, „aber mit denen reden wir dann“. Sie könne sich höchstens vorstellen, härtere Maßnahmen zu ergreifen, wenn auch drei, vier Gespräche nicht fruchten würden. „Dann gibt es die Möglichkeit, den Kindergartenplatz zu kündigen – aber dass so etwas passiert, ist eine Rarität.“ Die Kita-Ordnung lasse solche Sanktionen jedoch zu: „Jeder Träger formuliert so etwas, so dass man immer darauf zurückgreifen kann.“
Verständnis für Notsituationen
Dass Eltern in Notsituationen mal zu spät kommen – das kennt auch Gabi Rodemers vom Familienzentrum „Löwenzahn“ in der Unterilp. „Aber dass man sie dafür zur Kasse bittet, das halten wir nicht für nötig.“ Es könne schließlich passieren, dass jemand im Stau stehe oder beim Arzt festhänge. „Das ist für uns natürlich unangenehm, aber was soll man machen?“ Für solche Fälle gebe es in der Hausordnung allerdings eine klare Regelung: „Wenn sich jemand verspätet, muss er uns telefonisch Bescheid geben. Das haben die Eltern auch schriftlich.“ Natürlich gebe es aber auch Eltern, die „ein anderes Zeitempfinden“ hätten. „Mit denen muss man reden.“
Strafgebühren sind rechtens
Die Entscheidung der rheinischen Stadt Leichlingen, Eltern mit einem Bußgeld zu bestrafen, die ihre Kinder verspätet aus dem Kindergarten abholen, ist rechtlich abgesichert. Das Verwaltungsgericht Gießen hatte bereits 2008 geurteilt: „Eine Gemeinde ist berechtigt, eine besondere Verspätungsgebühr einzuführen für den Fall, dass ein Kind nicht pünktlich vom Kindergarten abgeholt wird.“
Elternverbände sehen die Ursachen für solche Verspätungen eher in den starren Kita-Öffnungszeiten: Viele Eltern würden gern 45 Betreuungsstunden buchen, bekämen aber nur 35. „Da reicht ein Stau auf dem Weg von der Arbeit, um zu spät zu kommen.“
„Bei uns werden die Kinder pünktlich abgeholt, Gott sei Dank“, erklärt Gaby Bürger vom städtischen Kindergarten Isenbügel auf WAZ-Anfrage. „Aber ich kenne das Thema aus anderen Einrichtungen.“ Von einer Strafgebühr hält sie allerdings nichts: „Ich weiß nicht, inwieweit das was bringt. Vielleicht planen die Eltern das dann mit ein?“ Eher könnte Gaby Bürger sich vorstellen, in letzter Konsequenz den Kindergartenplatz zu kündigen – sollten sowohl mündliche als auch schriftliche Verwarnungen nichts bringen.
„Wir regeln das hier durch Gespräche“, sagt Martina Schwerter vom Familienzentrum Heide. In der Einrichtung der Arbeiterwohlfahrt komme es aber nur vereinzelt vor, dass Kinder zu spät abgeholt würden: „Das ist hier nicht die Regel. Und meist ist ja auch ein Grund vorhanden, wenn Eltern zu spät kommen.“
Gespräch mit den Eltern suchen
Das Gespräch mit den Eltern sucht auch Kirsten Langenkamp von der katholischen Kindertagesstätte Nonnenbruch. Allerdings: „Wenn wir die Situation schön reden, hilft das keinem.“ Schließlich würden die Kinder nachfragen, warum ihre Mama zu spät komme. „Dann sagt man den Eltern: Was denkt wohl Ihr Kind, wenn es immer als letztes angeholt wird?“ Allerdings sei es in ihrer Kita nicht die Regel, dass Eltern sich verspäten. „Und es haben auch alle unsere Rufnummer und können sich melden, wenn sie im Stau stehen oder beim Arzt festhängen.“ Von einer Strafgebühr hält Kirsten Langenkamp auf jeden Fall nichts: „Das fände ich ganz unglücklich – am Ende werden die Kinder dann nachmittags gar nicht mehr gebracht.“
„Wenn es Notfälle sind, ist es kein Thema – dann bleibt das Kind eben hier“, sagt Ursula Wulbieter, Leiterin der katholischen Kita St. Josef. Dort komme es aber häufig vor, dass Eltern, die 35 Stunden gebucht hätten, ihr Kind statt um halb drei erst eine Viertelstunde später abholten. „Aber das geht meist im allgemeinen Trubel unter.“ Deshalb kann sich die Kita-Leiterin durchaus vorstellen, in einem Rundschreiben eine Strafgebühr anzudrohen. Und sie ist der Meinung: „Als Warnschuss fände ich das nicht verkehrt.“