Heiligenhaus. . Heute wird der Organspendeausweis 40 Jahre alt. Dr. Christian Löhlein vom Klinikum Niederberg bezieht im WAZ-Interview zum Thema Stellung.

Geburtstag feiert in diesem Monat der Organspendeausweis: Die ersten Pässe, die im Falle eines Falles Leben retten können, wurden am 3. November 1971 ausgegeben. Mit Dr. Christian Löhlein, Chefarzt des Instituts für Anästhesie und operative Intensivtherapie am Klinikum Niederberg, sprach WAZ-Mitarbeiterin Annette Wenzig über das Thema Organspende.

Ist die Organspende am Klinikum Niederberg ein Thema?

Dr. Christian Löhlein: Organspende ist permanent und immer ein Thema. Weil es einen chronischen Mangel an Organen gibt, bemühen wir uns darum, dass kein einziges Organ, das in Betracht käme, verloren geht. Wir haben ja eine Dialysepraxis am Haus und deshalb nahezu täglich das Martyrium dieser Patienten vor Augen. Als Ärzte wissen wir, wie sich ihr Leben mit einer neuen Niere verbessern würde.

Kann der Organspendeausweis dabei helfen, dass sich mehr Menschen als Spender zur Verfügung stellen?

In Deutschland stehen deutlich weniger Organe zur Verfügung als gebraucht würden, weil es hier leider noch die Einwilligungslösung gibt, die erst durch einen solchen Ausweis aktenkundig wird. Aber die wenigsten Menschen beschäftigen sich gedanklich damit, dass auch sie einmal sterben werden – und haben deshalb keinen Ausweis. Das zwingt uns Ärzte dazu, mit den Angehörigen ein Gespräch zu führen mit dem Tenor: Glauben Sie, dass Ihr Angehöriger das gewollt hätte?

Welche Alternativen sehen Sie?

In Österreich gibt es beispielsweise eine Widerspruchsregelung – das heißt, jeder ist ein potenzieller Organspender, solange er nicht widersprochen hat. Ich finde aber, die vernünftigste Lösung wäre es, wenn in den Personalausweis eingetragen würde, ob man einer Organentnahme zustimmt oder nicht – dann müsste sich jeder Mensch einmal in seinem Leben mit diesem Thema auseinandersetzen und diese Frage beantworten. Denn leider muss man zurzeit noch in einer emotional hoch belasteten Situation die Angehörigen mit dieser Frage belasten.

Schwieriger Umgang mit den Angehörigen

Wie gehen Angehörige damit um?

Ganz unterschiedlich. Es gibt Menschen, denen das im gewissen Sinne Trost bedeutet, aber es gibt auch Menschen, deren Einverständnis man nicht bekommen kann. Dabei hängen an jedem potenziellen Organspender, bei dem wir die Einwilligung nicht bekommen, drei bis vier Schicksale. Wir verpflanzen heute Herzen, Lebern, Nieren, Bauchspeicheldrüsen und Lungen. Vor allem Patienten, die ein Herz oder eine Leber benötigen, sterben heute oft noch, während ihre Namen noch auf der Warteliste stehen.

Ist das Gespräch mit den Angehörigen für Sie als Arzt nicht eine sehr unangenehme Situation?

Es ist sicher ein unangenehmes Gespräch, aber man darf sich nicht davor drücken. Und eigentlich müsste man es den Angehörigen auch nicht zumuten, weil es bei ihnen einen Gewissenskonflikt auslöst. Das Problem wäre sofort gelöst, wenn man den Willen des Patienten Schwarz auf Weiß hätte.

Hat sich in den 27 Jahren, in denen Sie schon als Arzt praktizieren, etwas an der Einstellung der Menschen zum Thema Organspende geändert?

Es hat sich, glaube ich, schon etwas getan – aber meiner Ansicht nach wäre der entscheidende Schritt die Änderung der Gesetzeslage. Ich selbst habe übrigens meine Angehörigen darüber informiert, dass ich einer Organentnahme nach meinem Tod zustimmen würde.