Heiligenhaus. .

Oliver Fischer wird fürs Schwitzen bezahlt. Der 41-Jährige ist Saunameister im Heljens Bad und damit der Herr über Ofen, Kelle und Handtücher. Zwischen vier- und fünfmal pro Woche heizt der Saunameister des Heljens Bades den Gästen ein – und sich selbst gleich mit.

Aufgießen, Wedeln, Aufgießen, Wedeln, . . . das ist Fischers Job im Schwitzkasten. An seinem Arbeitsplatz herrscht eine Temperatur von 90 Grad Celsius. „Ein Aufguss dauert zehn bis zwölf Minuten“, erzählt er. Während dieser Zeit steigt die Luftfeuchtigkeit im Raum von zehn bis 15 Prozent auf 30 bis 40 Prozent. Düfte von Fichtennadeln bis Honig regnen auf die Gäste nieder. Doch Aufgießen und Wedeln ist nicht gleich Aufgießen und Wedeln.

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Von DerWesten

Gerüche von Kirsche bis Knoblauch

Für den Aufguss mischt Fischer Wasser und spezielle Duftöle zusammen. Auch nach 13 Jahren im Geschäft setzt er dabei nicht auf Altbewährtes, sondern geht seiner Nase nach. Und die kreiert mitunter ungewöhnliche Duftkombinationen. „Ich mische gerne Eukalyptus und Kirsche“, nennt er ein Beispiel. „Das riecht wie frische Kirsche.“ Immer wieder überrascht Fischer seine Kunden mit neuen Duftkreationen. „Den Gästen sage ich ganz ehrlich: Ihr seid für mich Versuchskaninchen.“ Aus dem Zehn-Liter-Kanister riecht ein Duftöl anders, als wenn es auf den heißen Lavasteinen zischt. Einmal hatte der Saunameister den falschen Riecher: Die Duftprobe „Knoblauch“ aus dem Saunakatalog musste er einfach ausprobieren. Ausnahmsweise zum Leidwesen seiner zahlenden Versuchskaninchen: „Nach zwei Kellen war die Sauna leer. Es roch aber auch, als wenn jemand eine Woche lang täglich eine Knoblauchzehe isst – und Sie sind am Ende der Woche der Zahnarzt.“ In Zukunft wird er das Aroma von Knoblauch nur noch in der Küche verwenden.

Bei den Alternativen kann er im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Vollen schöpfen: Etwa 30 Duftnoten lagern in Kanistern und Flaschen im Heljens Bad, hinzu kommen die Kreationen der Saunameister. Fischer schätzt: „Bei einer Zwölf-Stunden-Schicht könnten wir mindestens drei Tage lang jede Stunde einen anderen Duft aufgießen.“ Etwa 2000 bis 3000 Liter Duftöl verdampfen pro Jahr in der Sauna des Heljens Bades.

Das Wedeln mit dem Handtuch ist angewandte Physik

Die Temperatur regelt der Saunameister nicht nur per Dreh am Ofenknopf, sondern auch mittels Kelle und Handtuch: Aufgießen und Wedeln im Wechsel heizt nicht so sehr ein wie mehrere Kellen nacheinander mit abschließendem Wedeln. Letztere Technik wendet Fischer gern bei seinem heißen Favoriten an, dem Russischen Aufguss. Russisch bedeutet hierbei ausnahmsweise das Gegenteil von kalt: Bei 120 Grad Celsius bekommt der Saunende ein Paradox am eigenen Leib zu spüren. „Da bekommen Sie eine Gänsehaut vor Hitze.“

Auch das Wedeln ist keineswegs nur zielloses Herumgefuchtel mit dem Handtuch, sondern angewandte Physik: „Die heiße Luft wird auf den Gast niedergeschlagen“, erklärt Fischer den Sinn. Wärme steigt bekanntlich nach oben, schwitzen aber soll nicht die Saunadecke, sondern die Gäste auf den Bänken. Das brutal klingende Niederschlagen soll also nur der Sauna-Thermik entgegenwirken.

Warm ums Herz wird Weihnachtsfreunden in der kalten Jahreszeit. Im Herbst und Winter halten Spekulatius und Lebkuchen nicht nur Einzug in die Supermärkte, Saunagänger können sich ebenfalls auf entsprechende Düfte freuen. Auch Minze-Aufgüsse sind zwischen Oktober und Februar beliebt. Sie regen den Stoffwechsel an und spülen Schlackstoffe aus dem Körper. Spätestens nach den Weihnachtsfeiertagen dürften sich viele Besucher über diese Wirkung freuen. Eine Hoffnung macht Oliver Fischer aber zunichte: „Abnehmen tut man in der Sauna nicht.“