Heiligenhaus. .

Ein beliebtes Genre ist der Kriminalroman, jagt er dem geneigten Leser doch wohlige Schauer über den Rücken, verleitet zum Miträtseln oder beeindruckt durch psychologische Finessen. Hier die Highlights der WAZ-Redaktion:

Eigenwilliger Ermittler in Oslo

Spannung, überraschende Wendungen und Lesegenuss pur garantiert Jo Nesbøs „Leopard“. Wer den norwegischen Autor und seinen eigenwilligen Ermittler Harry Hole mag, wird diesen Krimi lieben.

Einsam, ausgelaugt, resigniert: Der kauzige Kriminalist Harry Hole ist körperlich und psychisch am Ende, vegetiert in der Drogenhölle Hongkongs vor sich hin. Die chinesische Mafia ist ihm dabei ganz dicht auf den Fersen. Währenddessen erschüttert eine Mordserie seine Heimatstadt Oslo. Zunächst scheint der Kriminalist von seinen persönlichen Problemen übermannt, widerwillig tritt er die Heimreise nach Norwegen an. Die Ermittlerseele in ihm kommt jedoch nicht zur Ruhe. Der Kriminalist läuft zu Höchstform auf. Wer Nesbø kennt, weiß, dass er den Leser bei der Suche nach dem brutalen Serienmörder mitreißt, gerne auf die falsche Fährte lockt und schließlich doch noch aufklärt. Bei Nesbøs Romanen, in denen sich viele Handlungsfäden in einander verstricken, muss man im Fluss bleiben. Manchmal sogar zurückblättern, um die Zusammenhänge begreifen zu können. Mit „Leopard“ macht der Norweger es dem Leser leichter. Hannah Blazejewski

Mord in der Münchener Kunstszene

Inge Löhnig hat mit „Tino Dühnfort einen neuen Star am Krimihimmel erschaffen. „So unselig schön“ heißt der aktuelle Fall. Kommissar Konstantin Dühnfort wird zu einem grausigen Fundort gerufen: Eine ausgeblutete Leiche mit abgetrenntem Kopf liegt in einer leerstehenden Brauerei in der Nähe von München. Farbspuren führen Dühnfort und sein Team in die Kunstszene. Wer nun bluttriefende Details erwartet, ist falsch beraten, dieses Buch zu kaufen. Die Geschichte lebt nicht von der Brutalität des Mordens. Vielmehr sind es die Geschichten der Personen, die faszinieren. So Konstantin Dühnfort. Ein Kriminalkommissar, der französisch flucht; Ästhet, Literat und Romantiker zugleich sein will. Oder Vicky Senger, eine Abenteuer-Fotografin, die die erste Leiche findet und auf eigene Faust ermittelt. Dies tut sie so unbekümmert naiv, dass sie gar nicht bemerkt, wie nahe sie dem Mörder kommt.

Es ist Dühnforts dritter Fall, aber auch ohne die Vorgängerromane „Der Sünde Sold“ und „In weißer Stille“ zu kennen, kann man dieses Buch lesen. Einzig das Liebesleben des Kommissars wird durch die Betrachtung des Gesamtwerkes leichter verständlich. Inge Löhnig haucht den Protagonisten viel Leben ein und lässt den Leser bis zum Schluss im Dunkeln tappen. Maurice Kösling

Pariser Polizist mit Neigung zur Philosophie

Fred Vargas macht süchtig. Die Kriminalromane der preisgekrönten französischen Autorin sind unkonventionell, intelligent, skurril, witzig. Ihre Figuren glänzen mit Ecken und Kanten, Eigensinn und Liebenswürdigkeit. Mit Intelligenz und Intuition lösen die Pariser Kommissare Jean-Baptiste Adamsberg und Adrien Danglard Fälle, die im Kanon der Kriminalliteratur ihresgleichen suchen: Ob die Pest ausbricht oder scheinbar ein Vampir sein Unwesen treibt, Fred Vargas findet eine gleichermaßen rational überzeugende wie überraschende Auflösung.

Wer einmal in den Vargasschen Kosmos eingetaucht ist, wird darin im besten Sinne versinken. Einsteigern sei der erste Band aus der Adamsberg-Reihe empfohlen: „Es geht noch ein Zug von der Gare du Nord“ (1999). Aktuell ermittelt Adamsberg in „Der verbotene Ort“ (2010). Monique de Cleur