Heiligenhaus. .

Eine neue Sozialberatung richtet das Netzwerk Heiligenhaus ein. Hartz-IV-Empfänger und junge Menschen mit Schulden sollen bei dem Verein Ansprechpartner und Hilfe finden – ab 16. Februar.

Das Gesprächsangebot ist „kostenlos und streng vertraulich, ohne Verpflichtung. Die Leute können einfach kommen und es sich anschauen“, sagen die Sozialarbeiterinnen Katinka Schneider und Andrea Leser-te Poel. Sie warten bald jeden Mittwoch zwischen 10 und 12 Uhr auf Hilfesuchende in dem unscheinbaren Büro in der ehemaligen Sparkassenfiliale Oberilp (Hunsrückstraße 35).

„Der Bedarf ist groß“, berichtet Leser-te Poel. Oft besucht sie von Hartz IV betroffene Familien zu Hause. „Die meisten verstehen ihre Bescheide nicht. Es ist ein entmutigender Gesetzeswust, der sich zudem ständig ändert.“ In der Beratung klären sie zum Beispiel: Wer hat welche Ansprüche? Welche Einnahmen werden angerechnet? Welche Wohnung steht mir zu? Kann die Klassenfahrt meiner Tochter übernommen werden?

Niedrige Bemessungsgrenzen

Katinka Schneider ergänzt: „Wir begleiten die Leute auch aufs Amt, wenn es was zu klären gibt, etwa wegen einer Sperre bei Nicht-Erfüllung der Eingliederungsvereinbarungen.“ Die beiden Frauen wollen den Arbeitssuchenden helfen, Sprachbarrieren zu überbrücken (siehe „Eingliederungsvereinbarungen“) oder sich gegenüber der Bürokratie zu behaupten.

Allerdings: Viele ließen sich nicht beraten, obwohl sie das bräuchten, erklärt Leser-te Poel. „Nicht alle wissen vom Angebot. Wenn es in der Zeitung steht, erzählt es einer, der es gelesen hat, den anderen weiter. Viele haben auch Hemmungen, zuzugeben, wie sehr sie Hilfe brauchen.“

Überfahren, hilflos, minderwertig fühle sich mancher, der ins Arbeitslosengeld II gerutscht ist. Die Leere, die ein Arbeitsplatz füllen würde, summiert sich mit dem Frust, dass man sich nichts leisten kann und nur schwer wieder aus dieser Lage herauskommt. Ein Hartz-IV-Empfänger be­kommt Miete, Nebenkosten, Heizung und Krankenkasse bezahlt. Den Rest – Essen, Strom, Telefon, Kleidung, Kfz-Haftpflicht, Bewerbungskosten – muss er von 359 Euro im Monat bestreiten, 323 für Paare, 215 für Kinder von 0 bis 6.

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„Gerade Kinder dürfen nicht benachteiligt werden“, sagt Schneider. „Sie sollen am sozialen Leben teilnehmen wie andere Kinder auch. Das ist sehr schwierig, die Bemessungsgrenzen sind niedrig.“

Hilfe sollen in der Beratungsstelle auch junge Menschen in der Schuldenfalle erhalten. Leser-te Poel: „Dort wird der Bedarf wohl ansteigen.“ Typischer Fall: das Handy als Statussymbol. „Manche Jugendliche schließen Verträge ab, ohne zu wissen, was sie unterschreiben. In dem Vertragswust findet sich keiner zurecht – geht mir auch so.“

Ein andere Schuldenquelle: Dass junge Menschen in eine eigene Wohnung ziehen, ohne haushalten zu können. „Manche haben das nie gelernt. Das wollen wir dann aufarbeiten. Wenn es ihnen zu viel wird, stecken manche den Kopf in den Sand. Briefe werden dann gar nicht mehr geöffnet. Irgendwann werden Strom und Telefon abgedreht.“ Oft passiere es dabei, dass Hartz-IV und Überschuldung im Doppelpack auftreten.

Bedarf gibt es also. Jedoch: „In Zeiten leerer Kassen wurden viele Beratungsangebote wegrationalisiert“, sagt Leser-te Poel, „deswegen haben wir dieses ins Leben gerufen. Wir sind erste Anlaufstelle. Gemeinsam sichten wir dann die Probleme und sehen, wie wir helfen können.“

„Einen Ansprechpartner zu haben, der einem hilft beim Schriftverkehr mit dem Inkassobüro, ist ja schon was“, sagt Schneider, „Wir arbeiten auch mit anderen Beratungen zusammen.“ Gegebenenfalls leiten sie weiter an Rechtsanwälte oder die Schuldnerberatung, falls es etwa bis zur Privatinsolvenz kommt.

Wer das Hilfsangebot ausprobieren will, kommt ab dem 16. Januar Mittwochsvormittags in die Hunsrückstraße 35. Termine auch nach telefonischer Vereinbarung mit Andrea Leser-te Poel: 0157/71 33 65 18 (kostenfrei).