Heiligenhaus. .

„Zum Augenarzt kommt man jetzt nicht mehr, ohne dass das Auto bewegt oder mit dem Bus gefahren werden muss.“ Für WAZ-Leserin Marianne Nickel ist das ein Unding. Und für alle Patienten eine bittere Tatsache: Die einzige Augenarztpraxis vor Ort ist geschlossen. Und bleibt geschlossen.

Seinen Arzt-Sitz hat Wilhelm Schumacher bereits Ende 2007 an die Gemeinschaftspraxis von Dr. Christopher-Lutz Kallmann und Farsad Fanihagh aus Ratingen verkauft. Drei Jahre lang arbeitete er noch als deren Angestellter in den Räumen am Südring, kurz vor Weihnachten ist Schumacher jedoch in den Ruhestand gegangen. Die Praxis wurde geschlossen.

Mit den Arzt-Sitzen ist das so eine Sache: Sie werden für den gesamten Kreis Mettmann veranschlagt – auf 26 500 Einwohner kommt je ein Augenarzt-Sitz (nach dem Stand von November 2010). Die Berechnung obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVN), deren zentrale Aufgabe „die Sicherstellung der ambulanten Versorgung“ ist. Aus dieser Kalkulation ergibt sich eine aktuelle Augenarztversorgung von rund 113 Prozent – nicht für Heiligenhaus, sondern für den gesamten Kreis Mettmann, der hier als Berechnungsgrundlage dient. „Bei Augenärzten“, erklärt Frank Nauendorf, ein Sprecher der KVN, „beginnt eine Unterversorgung bei 75 Prozent“. Rein rechnerisch ist Heiligenhaus mit seinen aktuell 26 525 Einwohner also gut versorgt, was die Zahl der Augenärzte betrifft – nur eben nicht vor Ort.

Augenarzt-Sitze werden für den gesamten Kreis Mettmann veranschlagt

Die Bereiche legt ein Gremium aus Ärzten und Vertretern der Krankenkassen fest. Frank Nauendorf bedauert, dass in so großen (Kreis-)Einheiten gedacht wird: „Die KVN ist deshalb für eine kleinräumigere Bedarfsplanung.“ Dann hätte der Sitz auch nicht aus Heiligenhaus verschwinden dürfen.

Gemeldet ist der Sitz jetzt in Ratingen – in eben jener Praxis, die ihn bereits 2007 erworben hat. Für den Rückzug aus Heiligenhaus führt Dr. Kallmann „wirtschaftliche Gründe“ an und fügt hinzu: „Eine Praxis in Heiligenhaus trägt sich einfach nicht.“

Frank Nauendorf von der KVN beobachtet seit längerem eine Tendenz der Ärzte-Zentralisierung: „Aus Kostenersparnis schließen sich Ärzte zusammen und gehen eben auch oft dorthin, wo sie mehr Privatpatienten versorgen können.“

„Unser Versorgungsauftrag besteht“

Dr. Kallmann versichert indes, dass er bemüht ist, alle Patienten aufzufangen. „Unser Versorgungsauftrag besteht!“, sagt er und ergänzt, dass man gern die Zweigstelle gehalten hätte. Aber auch mit seiner Ratinger Praxis zieht er Ende des Monats um – in ein Ärztehaus. Dort sind zudem die Räumlichkeiten auf einer Ebene – altersgerecht. „Durch die Reform 2009“, findet Kallmann „leiden besonders die Kinder“. Er engagiert sich deshalb auch in der angeschlossenen Sehschule.

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Für die Heiligenhauser Bürger bleibt er erst einmal dabei: Es gibt vor Ort keinen Augenarzt mehr. Laut Karin Hamacher, Presserefentin der KVN, habe sich auch niemand beworben, um hier eine augenärztliche Praxis zu eröffnen. Zudem gebe es derzeit im gesamten Kreis Mettmann ohnehin keinen offenen Sitz.

„Wenn ich ein Tagesprofil erstellen lasse, muss der Augendruck alle drei Stunden gemessen werden“, erklärt Patientin Marianne Nickel. Deswegen einen ganzen Tag in einer anderen Stadt zu verbringen, ist für sie noch schwer vorstellbar. Zudem ärgert sie sich darüber, auf einen Termin künftig wochenlang warten zu müssen.

Tatsächlich sind auch bei Dr. Kallmann derzeit die Telefone überlastet. Der Ratinger Augenarzt betont jedoch: „Bei Schmerzen oder OP-Kontrollen werden selbstverständlich immer Termine vergeben werden.“ Allerdings müsse man auf einen normalen Termin tatsächlich auch schon mal vier bis sechs Wochen warten.