Heiligenhaus. .

Die Straße ist ihr Arbeitsplatz, „Aufsuchen statt abwarten“ ihr Motto: Als Streetworker sind Anne Willing und Oliver Jüngel seit September vergangenen Jahres im Einsatz. In einigen Großstädten sind die „Straßenarbeiter“ der Jugendhilfe längst gängige Praxis, in Heiligenhaus sind sie erstmals unterwegs. Ein Pilotprojekt.

Die Zielgruppe sind Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 20 Jahren. Die Streetworker suchen den Kontakt, wollen mehr über die Probleme junger Leute vor Ort erfahren erfahren, ihr Umfeld kennen lernen, helfen, wo Hilfe gebraucht wird. Ganz wichtig dabei: „Wir sind nicht die Stadtwacht oder die Polizei und auch nicht das Jugendamt“, betont Oliver Jüngel. Alle Kontakte bleiben anonym.

Der 37-Jährige kommt aus Wuppertal und arbeitet hauptberuflich als Arbeitsvermittler bei der Arge in Remscheid. Anne Willing (31), Erzieherin und Sozialarbeiterin, kommt aus Heiligenhaus. Die beiden kennen sich schon länger, von Ferienfreizeiten und aus der Mittelaltergruppe. Als Streetworker sind sie nebenberuflich im Einsatz, im Rahmen von 400-Euro-Jobs. Über das Landesjugendamt wurden sie qualifiziert und stehen in Kontakt zu erfahrenen Streetworkern; in Heiligenhaus ist der Club mit dessen Leiter Ubald Stark eine fachliche Anlaufstelle zum Austausch.

Aus Überzeugung

Aus Überzeugung haben Willing und Jüngel die Tätigkeit aufgenommen, weil sie für die Jugendlichen da sein wollen – „das ist es, warum ich diesen Job mache“, sagt Oliver Jüngel. „Das Projekt setzt ganz früh an, deshalb mag ich es so“, sagt Anne Willing.

Eingebettet ist das Mikroprojekt in das Programm „Stärken vor Ort“, das vom Europäischen Sozialfonds unterstützt wird (siehe Kasten). 4000 Euro standen im vergangenen Jahr für die Streetworker-Arbeit zur Verfügung, für 2011 wird die Förderung jetzt neu beantragt. Gebunden ist das Projekt an den Ortsteil Nonnenbruch, doch weil Nonnenbrucher Jugendliche natürlich im ganzen Stadtgebiet unterwegs sind (und auch darüber hinaus) sind Anne Willing und Oliver Jüngel viel unterwegs, um herauszufinden wo und wie Jugendliche „abhängen“. In den Wintermonaten vornehmlich am Wochenende.

„Alle haben sich auf ein Gespräch eingelassen“

Zum Aufbau von Kontakten haben sie die dreimonatige Anlaufphase genutzt. 31 Jugendliche (überwiegend männlich) wurden auf öffentlichen Plätzen angesprochen, „und alle haben sich auf ein Gespräch eingelassen“, so Oliver Jüngel. „Die Leute, die jetzt im Winter draußen sind, die wissen wirklich nicht, was sie machen sollen“, sagt Anne Willing. Die Streetworker versuchen, den sozialen Hintergrund zu klären, vor allem aber etwas über die Wünsche und Bedürfnisse der Jugendlichen zu erfahren sowie über die persönliche Lebensgestaltung. Wer will, bekommt Hilfsangebote, wird auch zum Jugend- oder Sozialamt begleitet. Die Streetworker zeigen Präsenz, wollen durch Gespräche Bedarfe erkennen.

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Von DerWesten

Anne Willing versteht sich als „Anwalt der Jugendlichen“ und will mit ihrer Arbeit „auch das Image von jungen Menschen anheben“. Auch wenn die umstrittenen Hochtöner am Kant-Gymnasium einst Auslöser für den politischen Ruf nach Streetworkern waren: „Ihr Auftrag besteht nicht darin, die Jugendlichen zu vertreiben“, stellt Almuth Schildmann-Brack von der städtischen Jugendhilfeplanung klar: „Sie sind kein Moskito-Ersatz!“ „Mobile Jugendarbeit will die Ursachen für Probleme aufdecken und mögliche Wege aufzeigen – als Prophylaxe“, fasst Club-Leiter Ubald Stark die Ziele zusammen. Schildmann-Brack bleibt dennoch realistisch: „Es wird auch Gruppen geben, die wir nicht erreichen können.“