Heiligenhaus..
Die Stühle stehen aufgereiht auf den Tischen, die Tafel ist sauber, kein Krümel am Boden. Nebenan in der Kammer türmen sich noch Bücher im Regal, daneben harren ein Skelett im Schrank und ein Foto vom ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog der Dinge, die da kommen.
Kehraus in der Hauptschule. Nach mehr als 40 Jahren schließt die Schule ihre Pforten für immer. Im Lehrerzimmer versammeln sich nach der Zeugnisausgabe die verbliebenen sechs Lehrkräfte, stoßen mit Sekt an. Wehmut liegt in der Luft. Obwohl, dass es zu Ende geht, war klar.
2007 kam das Aus – nur sieben Anmeldungen lagen für das neue Schuljahr vor. „Das war ein echter Schock“, erinnert sich Schulleiterin Monika Günther. Den Abwärtstrend gab es schon länger, doch mit dem freien Fall hatte niemand gerechnet. „Zumal die Fachräume gerade neu waren.“
Doch in der Gunst der Eltern rangiert die Hauptschule weit unten, hat Günther erfahren: „Im Gegensatz zu den Betrieben, die den Hauptschulabschluss schätzen, halten Eltern mehr von einem Abschluss an der Gesamtschule.“ Ein Trend, den auch ihre Kollegen in den anderen Städten bitter zu spüren bekommen. „Innerhalb von drei Jahren schließen fünf Hauptschulen im Kreis.“
Für sie und ihr Kollegium sei es darum gegangen, „die Schüler so lange wie möglich in der vertrauten Umgebung zu belassen“. Und die Gemeinschaft durch Aktivitäten und Ausflüge zu stärken. „Denn einige Jugendliche haben sich echt hängen lassen, sahen keine Perspektive mehr.“ Ein Tief, das zuletzt aber überwunden werden konnte.
Vor zwei Wochen verabschiedete Wolfgang Pieczewski dann seine 10er. „Ein schöner Abschluss für mich als Lehrer“, sagt der 59-Jährige, der nach 36 Jahren an dieser Hauptschule mit ihrem Ende auch selbst in den Ruhestand geht – wie auch Gerd Meiering nach 34 Jahren. Beide erinnern sich gut an die Zeit der zwei Standorte: Ludgerusstraße und Am Sportfeld. An die 600 Schüler gab es damals und 30 Lehrer, die in den Pausen schnell zur nächsten Stunde witschten. Die Intimität der letzten Jahre mit nur noch 60 Schülern haben die Lehrer trotz des traurigen Umstandes doch zu schätzen gelernt.
„Wir hatten eine tolle Abschlussfahrt der 9. und 10. Klassen nach Berlin“, ergänzt Karin Ruhnke. Die 54-Jährige wechselt mit ihrer Kollegin Gabriele Witt (57) nach Ratingen. Acht ihrer Schüler gehen mit, „wir werden sie in einzelnen Fächern unterrichten, aber den Klassenverband gibt’s halt nicht mehr“, bedauert Witt. Die meisten werden in Velbert die Schule beenden. Einzelne gehen nach Wülfrath und Neviges. „Andere wechseln zum Berufskolleg“, weiß Regina Schmidt. Die 45-Jährige wird in Düsseldorf ihre Tätigkeit fortsetzen.
Und Monika Günther? Sie hätte im September 40 Dienstjahre voll (34 Jahre in Heiligenhaus). Mit 61 Jahren hat sie sich für den Ruhestand entschieden. „Ich bin zwar traurig, andererseits freue ich mich drauf. Ich werde reisen, malen und das Golfen lernen!“ Nur das Ausräumen des Schreibtischs, das schafft sie bei so viel Zeugnisstress erst morgen. Dann wird sie die Schule abschließen. Ein letztes Mal.