Heiligenhaus. .
Triefende verstopfte Nase, andauerndes Niesen, rote und dazu noch tränende Augen. . . viele Menschen können den Frühling und den Sommer ganz und gar nicht genießen. Ihre Allergie macht ihnen einen Strich durch die Rechnung. Mit dem Frühling kommen auch wieder die Pollen und das läutet die Leidenszeit von Allergikern ein.
Taschentücher, Nasenspray und Augentropfen gehören für sie jetzt zur notwendigen Grundausrüstung. Die Tatsache, dass ein zunächst nur als lästig erscheinender Heuschnupfen zur Gefahr werden kann, unterschätzen die meisten. „In 40 Prozent der Fälle kommt es erst nach zehn bis zwanzig Jahren zu einer sehr gefährlichen Reaktion des Körpers“, weiß Dr. Werner Gieselmann. Dann träte das Phänomen des so genannten Etagenwechsels ein. Der Name gibt Aufschluss darüber was passiert.
„Etagenwechsel“ kann gefährlich werden
Beim normalen Heuschnupfen schwellen die Nasenschleimhäute an, damit keine neuen Pollen hineingelangen können. Dazu versucht der Körper, mit einem wässrigen Schnupfen die „Feinde“ herauszuspülen. „Wenn die Nase die Schotten dicht macht, können wir immer noch durch den Mund weiteratmen“, beschreibt der Heiligenhauser Hals-Nasen-Ohrenarzt. Beim Etagenwechsel wandert das Ganze dann eine Station tiefer – die Atemwege der Lunge verschließen sich. Diagnose: Asthma bronchiale. „Und das verkürzt die Lebenserwartung“, stellt Dr. Gieselmann ernüchternd fest. Deshalb rät er Allergikern dazu, sich hyposensibilisieren zu lassen. „Ich kann aber nur Vorschläge machen, entscheiden muss der Patient selbst“, so der HNO-Arzt.
Doch was genau passiert eigentlich bei der Hyposensibilisierung (oder auch Desensibilisierung)? Dem Patienten wird zu Beginn der Therapie erstmal nur eine geringe Dosis des Allergie auslösenden Stoffes unter die Haut gespritzt. Die weißen Blutkörperchen eines Allergikers reagieren darauf aber nicht mit einer geschwollenen Nasenschleimhaut. Vielmehr messen „spezialisierte Blutkörperchen quasi, wie viele Allergene eingedrungen sind und geben diese Info weiter“, vereinfacht Dr. Werner Gieselmann den biochemischen Prozess.
Spezialzellen geben das Kommando
Bei der geringen Dosis einer Hyposensibilisierung erkennen diese „Spezialzellen“, dass es wenige Allergene sind – und sie geben den anderen Blutkörperchen das Kommando, erstmal abzuwarten. Bei der nächsten Sitzung gibt’s dann eine etwas höhere Dosis des Allergens. „Die immunologischen Gedächtniszellen erinnern sich daran, dass beim letzten Mal nicht eingegriffen werden musste und machen das dann wieder nicht“, so Dr. Gieselmann. Wenn der Patient dann dem Allergen, zum Beispiel den Blütenpollen, im wirklichen Leben begegnet, wird das immunologische Gedächtnis dafür sorgen, dass auch hier eine geringere allergische Reaktion erfolgt. Und nach rund drei Jahren seien die Beschwerden der Patienten deutlich weniger oder vielleicht sogar auch ganz weg.
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Außerdem gibt es auch noch die Homöopathie als Methode oder auch die Akupunktur. Beide können helfen, die Dosis der Arzneimittel zu reduzieren, mit denen die Heuschnupfen-Patienten die Symptome bekämpfen. Dadurch können Nebenwirkungen reduziert werden. „Das empfehle ich aber nur in Verbindung mit einer Hyposensibilisierung“, erklärt der Heiligenhauser Arzt.
Heute gibt es mehr Allergiker als früher. „Als die Kinder noch auf Bauernhöfen lebten, wurde ihr Immunsystem gegen Allergene frühzeitig trainiert“, erklärt Dr. Gisela Gieselmann. Sie ist Kinderärztin. „Auch deshalb sollten Kinder viel draußen spielen. Und man sollte kleinen Mädchen nicht schon Ohrlöcher stechen lassen“, findet die beratende Frau an Gieselmanns Seite. Denn dadurch könnten Nickelallergien entstehen. Und wer keinen Heuschnupfen hat, sollte viel an der frischen Luft spazieren gehen, das härte gegen die fiesen Pollen ab.