Heiligenhaus. .

„Das Schlimmste ist diese absolute Hilflosigkeit“, sagt Bäderleiter Holger Brembeck. Genau eine Woche ist es her, das im Heljens Bad ein fünfjähriger Junge ertrunken ist (die WAZ berichtete). „Wir fragen uns immer wieder, wie das hätte verhindert werden können – und finden keine Antworten.“ Die Mitarbeiter des Freibads stehen immer noch unter Schock. „Sie sind bestens ausgebildet.“ Doch für den kleinen Jungen konnten sie nichts mehr tun.

Seit 27 Jahren arbeitet Brembeck im Heiligenhauser Schwimmbad. Natürlich haben er und seine Kollegen schon Kinder aus dem Becken ziehen müssen. Ertrunken war keines. Bis Samstag. „Es geschah absolut lautlos“, sagt der Bäderleiter. Furchtbar sei diese Ohnmacht, noch nie habe er sein Team „so down“ erlebt. Nächste Woche soll ein Psychologe das Unglück mit den Mitarbeitern aufarbeiten.

„Passieren kann es immer und überall“

„Passieren kann es immer und überall“, ist sich Brembeck mit Kollegen aus anderen Bädern einig. In jedem Schwimmbad, im Baggersee, im Gartenteich. Ob das Wasser tief ist oder bloß 20 Zentimeter spiele keine Rolle: „Wasser übt auf Kinder eine magische Anziehungskraft aus – und ist doch so gefährlich!“ Hier will man ansetzen: Eltern sollen für das Thema sensibilisiert werden. „Sie tragen eine Riesenverantwortung!“ Brembeck ist selbst Vater. Und er ist entsetzt, wenn etwa an der Bäderkasse Grundschüler mit noch jüngeren Geschwistern stehen – allein, ohne Eltern. Ein Ausnahmefall? „Nein, an einem schönen Sonnentag ist das die Regel, dass wir unbegleitete Kinder nach Hause schicken müssen.“

Am Freitag hat der Heiligenhauser Bäderleiter mit den Kollegen der Velberter Stadtwerke zusammengesessen: Deren Aktion „Engel tragen Flügel“, ein Appell für den Einsatz von Schwimmflügeln, soll neu aufgelegt werden und Schule machen. Mit Plakaten, Flyern und persönlichen Gesprächen am Beckenrand wird das Thema in den Fokus gerückt.

Wirkung soll nicht verpuffen

„Wir wollen aber keine Einzelaktion daraus machen, sondern eine dauerhafte Sache.“ Damit die Wirkung nicht verpufft. Innerhalb der nächsten 14 Tage soll die Aktion anlaufen – mehrsprachig, damit wirklich alle Eltern erreicht werden. Und: Brembeck hat 500 Paar Schwimmflügel bestellt. Kostenlos sollen sie im Bad verteilt werden.

Dass kein Nichtschwimmer ohne Flügel ins Wasser geht, ist das Ziel. Dass die kleinen bunten Schwimmhilfen nur bedingt Sicherheit bieten und kein Ersatz für die elterliche Aufsicht sind – auch das soll bei den Aktionen deutlich unterstrichen werden.

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Von Sabine Kreimeier

60 bis 70 Prozent aller Erstklässler können nicht sicher schwimmen“, zitiert Brembeck aus aktuellen Statistiken. Zahlen, die auch der Schließung von Bädern und Kürzungen bei den Schwimmzeiten geschuldet seien. Dennoch: Schwimmkurse gibt es. Auch im Heljens Bad. Dass Eltern diese Angebote nutzen, auch dafür will Brembeck werben. Ab vier Jahren empfiehlt er die Teilnahme. „Und die darf nicht am Geld scheitern!“ Wer sich den Beitrag nicht leisten könne, „soll mich ansprechen. Wir finden einen Weg.“

Der fünfjährige Junge war Nichtschwimmer. In dieser Woche wurde er beerdigt. Nicht in Heiligenhaus, sondern in einer kurdischen Gemeinde in Bielefeld. Die Fahrt hätte sich die Familie nicht leisten können. Das Team des Heljens Bads half.