Heiligenhaus. Hikmet Türkoglu sollte nur für eine Sanierung umziehen in der Heiligenhauser Nordstraße. Nun ist er trotz Unterkunft gefühlt ohne Heimat.

Hikmet Türkoglu kann es nicht fassen. Seit Jahrzehnten lebt er in Heiligenhaus. Richtig wohl fühlt er sich in seiner Wohnung in der Nordstraße. Vor über einem Jahr sollte er diese vorübergehend verlassen – doch nun lebt er quasi auf einer Baustelle, abgestellt, und in seine alte Wohnung zurück darf er plötzlich auch nicht mehr.

Hikmet Türkoglu steht mitten in einem Chaos: Mitarbeiter seines Vermieters hatten sporadisch seine Möbel ausgeräumt.
Hikmet Türkoglu steht mitten in einem Chaos: Mitarbeiter seines Vermieters hatten sporadisch seine Möbel ausgeräumt. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Was war geschehen? Seit 1971 wohnt Hikmet Türkoglu in der Nordstraße 2. Im Oktober 2022 bekam er die Mitteilung, dass der neue Vermieter eine Renovierung der ja schon recht alten Wohnung plante. Die sollte einen Monat dauern und danach alles „ganz modern“ sein. Darüber war Türkoglu natürlich zunächst erfreut. Für die Zeit der Renovierung, in der Gas und Strom abgeschaltet werden sollten, wurden seine Möbel und alle Habseligkeiten in eine leerstehende Wohnung in der Nordstraße 8 gebracht.

Heiligenhauser kann seine Wohnung nicht mehr betreten

Dort zog Hikmet Türkoglu am 31. Dezember 2022 auch ein, nachdem er vorher einige Wochen bei seiner Freundin gewohnt hatte.
Der alte Mietvertrag für die Nr. 2 läuft weiter, Türkoglu zahlt Miete, Gas und Strom für eine Wohnung, die er nicht mehr betreten kann. Denn: Das Schloss wurde ohne sein Wissen am 20. Februar 2023 ausgetauscht, das Klingelschild mit seinem Namen überkritzelt. Auch mit der Post gab es Schwierigkeiten, denn auf seinen Briefkasten hat er ebenfalls keinen Zugriff mehr – dort landeten aber einige wichtige Briefe. „Ich will unbedingt in meine Wohnung zurück und deine Entschädigung für das, was mir zugemutet wurde“, sagt der 80-Jährige.

Zumindest ein Bett hat der Senior in seiner Wohnung.
Zumindest ein Bett hat der Senior in seiner Wohnung. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Zum neuen Vermieter besteht allerdings kein Kontakt, weil dieser nicht erreichbar ist. Im Gegenteil: Im November 2023 flatterte Türkoglu die Kündigung seines Mietvertrags zum 30. November 2024 ins Haus. Als Kündigungsgrund sind „Umbaumaßnahmen und Kernsanierungsmaßnahmen“ angegeben, deren „Ausführungen nur möglich sind, wenn die Wohnungen nicht bewohnt sind“ –obwohl das ja nun schon seit über einem Jahr der Fall ist. Besonders pikant: In der Kündigung wird Türkoglu aufgefordert, die Mieträume „geräumt, in vertragsgemäßem Zustand und mit allen dazugehörigen Schlüsseln“ zu übergeben – und das, obwohl er sie gar nicht mehr betreten kann.

Unzumutbare Zustände in der Übergangswohnung

Die Übergangswohnung ist zudem eine Zumutung, zeigt Türkoglu. Sie ist deutlich kleiner als seine eigentliche Wohnung, weswegen ein Großteil der Möbel, aber auch seine Stereo-Anlage und der Fernseher in eine unbewohnte, ungeheizte und feuchte Wohnung auf der gleichen Etage gestellt wurden. Im Badezimmer funktioniert das Wasser am Waschbecken nicht, nur über den Wasserhahn der Badewanne kommt er an Wasser. In der Küche stapeln sich seine Besitztümer in Säcke verpackt an den Wänden, es fehlen Regale, Abstellmöglichkeiten und die Gelegenheit, sich ordentlich hinzusetzen.

Seine Möbel wurden in einer anderen, freistehenden Wohnung, untergebracht.
Seine Möbel wurden in einer anderen, freistehenden Wohnung, untergebracht. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Für Türkoglu sind diese Zustände sehr belastend: Der Senior muss viele Medikamente nehmen, hat mittlerweile 13 Kilo abgenommen und hält sich so viel wie möglich in der Stadt auf. Als Unterstützung hat er einen Anwalt engagiert. Auch in den Häusern Nordstraße 4 und 6 haben die Bewohner Kündigungen bekommen. Der Vermieter war auch für uns nicht erreichbar. Wie es weitergeht, ist derzeit nicht absehbar.