Heiligenhaus. Ein 25-jähriger Heiligenhauser raste durch die Innenstadt einer Polizeistreife davon. Er besaß keinen Führerschein und stand unter Drogen.

Nach einer Fluchtfahrt mit Höchstgeschwindigkeit vor einer Polizeistreife in Heiligenhaus hat das Landgericht Wuppertal die Strafe für einen 25 Jahre alten Angeklagten beinahe verdoppelt. Das Urteil ist rechtskräftig; der Mann zahlt 6750 Euro, entsprechend seinem Einkommen von fünf Monaten. Der nicht vorbestrafte, ledige Angestellte hat gestanden, durch 20er-Zonen in der Stadtmitte und durch Wohngebiete gerast zu sein und Ampeln bei Rot überfahren zu haben. Gestoppt wurde er nach einer Fahrt mit Tempo 200 auf der Autobahn A 44 durch eine improvisierte Straßensperre zweier Polizeifahrzeuge. Bei der Tat im nicht versicherten BMW seines Vaters war der Mann berauscht von Cannabis; seine Fahrerlaubnis hatte er sechs Jahre zuvor durch einen Verkehrsverstoß verloren.

Laut Geständnis fuhr der 25-Jährige am 12. Januar 2021 auf der Rheinlandstraße stadteinwärts, als ihm eine Polizeistreife entgegenkam. Die Beamten wendeten und wollten den BMW des Angeklagten kontrollieren. Statt anzuhalten gab der Gas. Haken schlagend durch ein Wohngebiet setzte er sich Richtung A 44 ab. Die Polizisten, unterwegs mit einem Mercedes-Kleintransporter, schalteten Blaulicht und Martinshorn ein. Mehrfach konnten sie nicht mithalten. Einer der Beamten berichtete im Gericht: „An einer Kreuzung haben uns Leute am Straßenrand gezeigt, in welche Richtung er gefahren ist.“ Er erläuterte: „Wenn ein Auto mit quietschenden Reifen abbiegt und dann folgt die Polizei, wissen die Leute, was vor sich geht.“ An einer weiteren Kreuzung hätte die Streifenwagenbesatzung einfach Glück gehabt und sich zufällig für die richtige Richtung entschieden.

Heiligenhaus: BMW kann Streifenwagen der Polizei auf der A 44 zunächst abhängen

Der Angeklagte hatte nach Aufforderung der Polizei Gas gegeben, statt anzuhalten.
Der Angeklagte hatte nach Aufforderung der Polizei Gas gegeben, statt anzuhalten. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Auf der Autobahn habe die Beschleunigung des Streifenwagens nicht gereicht, der BMW habe sich entfernt. Er wurde abgefangen durch zwei weitere Polizeifahrzeuge, die aus der Velberter Innenstadt alarmiert losgefahren waren. Sie fuhren auf die Autobahn auf, bremsten mit Blaulicht und mit Leuchtschrift-Anzeigen von rechts und links aus sämtliche Fahrzeuge aus und zwangen den Angeklagten zum Anhalten. Er wurde mit vorgehaltenen Pistolen festgenommen. Die Beamten bemerkten bei dem Mann deutliche Zeichen von Drogenkonsum.

„Was hat Sie da geritten?“, fragte der Vorsitzende Richter den Angeklagten. Der antwortete: „Ich weiß nicht mehr. Ich hab’ aufs Gas gedrückt und gar nicht viel gedacht.“ Hintergrund sei sein damaliger Umgang gewesen. Im Freundeskreis sei das Motto gewesen „Drogen nehmen und Zeit totschlagen“. Inzwischen habe er sein Leben grundlegend geändert. Die Polizisten sagten aus, sie sähen den fehlenden Führerschein als Grund für die Fluchtfahrt. Das Auto des 25-Jährigen hätten sie übrigens zufällig zur Kontrolle ausgewählt: „Wir hatten keinen Einsatz; da guckt man, ob irgendwas geht.“

Staatsanwalt: Leben anderer Menschen aufs Spiel gesetzt

Über die Tat und den Angeklagten stellte der Staatsanwalt klar: „Das ist nicht ,einfach mal Gas gegeben’ bei einer Kontrolle. Er hat Leben und Gesundheit anderer Menschen aufs Spiel gesetzt.“ Mit seinem Antrag auf Freiheitsstrafe mit Bewährung konnte er sich dann aber knapp nicht durchsetzen. Wesentlich für das Gericht ist das Geständnis des Angeklagten, das die Richterinnen und Richter als von Reue getragen werteten. Sie folgten teilweise dem Anwalt des Mannes, der festgestellt hatte: Der Angeklagte hat bei seiner Fahrt zeitweise gebremst und sich dem Verkehr angepasst: „Er ist nicht gefahren ,wie von Sinnen’.“ Der Anwalt hatte klargestellt: „Es ist Gefahr eingetreten, aber kein Schaden.“

Das Amtsgericht Velbert hatte in einer ersten Verhandlung nicht rechtskräftig zwei Monatseinkünfte weniger gegen den Mann verhängt als jetzt das Landgericht. Bestätigt ist mit dem neuen Urteil eine Führerschein-Sperrfrist von zwölf Monaten. Der Vater des Angeklagten muss sich in einem eigenen Strafverfahren verantworten – unter dem Vorwurf, die Fahrt des Sohnes ohne Fahrerlaubnis und Versicherung geduldet zu haben.

>>> Führerschein-Verlust

  • Bei schweren Verkehrsstraftaten können Führerscheine durch Gerichte eingezogen werden.
  • Die Verurteilten müssen später eine neue Erlaubnis beantragen und ihre Prüfungen neu ablegen.
  • Spielen bei einer Verkehrstat Drogen eine Rolle, werden für einen neuen Führerschein Drogenfreiheit und eine medizinisch-psychologische Untersuchung nötig.