Heiligenhaus. Um vor allem alte Sorten wieder vermehrt anzubauen, hat der Stadtmarketings-Arbeitskreis Natur und Umwelt eine Saatgutkiste angeschafft.

In der Stadtbücherei steht seit zwei Wochen eine kleine Bibliothek. Das Besondere: Hierbei handelt es sich nicht um weitere Bücher. Nein, im Erdgeschoss hat die Saatgutbibliothek ihren Platz gefunden, mit deren Hilfe alte Pflanzenarten in Heiligenhaus wieder weiter verbreitet werden sollen.

Initiator der Aktion ist der Stadtmarketing-Arbeitskreis „Natur und Umwelt“, Sprecherin Siglinde Ottenjann erklärt, woher die Idee stammt, eine Tausch- und Mitnahmemöglichkeit für Saatgut zu schaffen: .„Wir haben uns von der Bergischen Gartenarche in Wuppertal anregen lassen, dort lagert ein großer Pool an Samen im Keller und daraus entsteht derzeit ebenfalls eine Saatgutbibliothek.“

Wenig Auswahl im Supermarkt

Tütchen mit Saatgut liegen bereit und können ausgeliehen werden.
Tütchen mit Saatgut liegen bereit und können ausgeliehen werden. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Ziel sowohl dort als auch hier ist es, alte und an ihre regionalen Standorte angepasste Gemüsesorten, Blumen und Kräuter als Samen frei zugänglich zu machen – „Geschmack und Vielfalt von Gemüse- und Obstpflanzen, die man kaufen kann, haben im Laufe der Zeit gelitten, einige große Firmen haben Saatgutmonopole“, erklärt Ottenjann. „Im Supermarkt gibt es kaum noch Auswahl an Gurkensorten, man kann nur zwischen zwei oder drei Varianten wählen.“

In den heimischen Gärten finden sich aber vielerorts noch alte Sorten – und die können über die Bibliothek getauscht und vermehrt werden. „Jeder kann sich ein oder mehrere Samentütchen mitnehmen, die Pflanzen säen, ernten, und danach einige der getrockneten Samen wieder in die Bibliothek zurückbringen“, stellt sich Ottenjann einen optimalen Vorgang vor. Genau so also, wie man das mit einem ausgeliehenen Buch auch tun würde.

Siglinde Ottenjann und Petra Derkum freuen sich, wenn auch weitere Sorten in der Kiste hinterlassen werden würden.
Siglinde Ottenjann und Petra Derkum freuen sich, wenn auch weitere Sorten in der Kiste hinterlassen werden würden. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Die Bandbreite des angebotenen Saatguts ist schon groß, derzeit finden sich in der Kiste, die natürlich passenderweise zwischen Büchern zum gleichen Thema steht, Akelei-,Fingerhut- und Mohnsamen, aber auch Königskerze, Wilde Möhre, Spinat, Tomaten und viele weitere Pflanzen. Siglinde Ottenjann und ihre Mitstreiterin Petra Derkum würden sich über viele Interessierte freuen, die etwas aus der Bibliothek in den heimischen Garten säen, aber auch wieder Saatgut auffüllen - „das Projekt kann nur schwer gelingen, wenn es nur drei oder vier Auffüller gibt.“

Kürbisgewächse sind nicht erwünscht

Die Papiertütchen können mit wenigen Handgriffen aus einem Stück Altpapier gefaltet werden. Verzichtet werden sollte übrigens auf Kürbisgewächse, weil sich hier durch spontane Mutation oder die Kreuzung mit Wildtypen gefährliche Bitterstoffe bilden können, die zu Vergiftungssymptomen wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall führen können. Alle anderen Pflanzensamen seien herzlich willkommen, besonders wichtig sei aber, dass das Saatgut samenfest und somit kein Hybrid-Saatgut ist.

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„In den ersten Tagen ist das neue Angebot gut angenommen worden“, bestätigt Büchereileiterin Andrea Einig den Eindruck von Siglinde Ottenjann, die bereits einmal Tütchen nachgefüllt hat. Und natürlich können auch die Gartenfreunde die Saatgutbibliothek nutzen, die gerade keine Zeit zum Lesen haben – der Garten ruft schließlich auch im Herbst.