Heiligenhaus. Ein zweiter Satz in der Beschlussvorlage ist der Knackpunkt in der Diskussion um die Wohnentwicklung in Heiligenhaus im Ausschuss.
Manchmal können einzelne Worte entscheidend sein, manchmal ist es ein ganzer Satz. So auch am Mittwochabend im Heiligenhauser Haupt- und Finanzausschuss (HFA), der Pandemiebedingt als Ersatz für den Rat tagte. Und da musste die Sitzung sogar unterbrochen werden, weil man sich nicht einig war darüber, was man in einem gemeinsamen Workshop beschlossen hatte.
Unstrittig ist, und das nicht erst durch die Wohnraumbedarfsanalyse, die in dieser Woche auch im Stadtentwicklungsausschuss vorgestellt und thematisiert wurde: Heiligenhaus wächst. Und braucht mehr Häuser, Wohnungen und das für alle Geldbeutel. Das machten im HFA alle Fraktionen deutlich, mit unterschiedlichen Ansätzen, wie das konkret aussehen könnte. Freie Marktentwicklung, sagt beispielsweise die CDU, städtische Wohnungsbaugesellschaft, fordern SPD, WAHL und Linke.
Nachhaltigkeit beim Bauen ist nun Pflicht
Dass beim Thema Bauen aber die Nachhaltigkeit, der Umweltschutz und das Ziel der Klimaneutralität eine wichtige Rolle spielt, auch darüber war man sich am Ende eines Workshops, an dem außer der AfD alle Fraktionen teilnahmen, einig. "Wir möchten bis 2030 in allen beeinflussbaren Bereichen klimaneutral werden“, verkündete der Technische Beigeordnete Andreas Sauerwein in Anschluss an die Beratungen. Alles, was künftig gebaut werde, solle nun strenge Auflagen im Sinne von Nachhaltigkeit erhalten: Photovoltaikanlagen, Umgang mit Niederschlagwasser und vieles mehr. Dieses Ziel sollte nun auch legitimiert werden durch einen Beschluss im HFA. Eingebracht hatten den Antrag die WAHL-Fraktion, die Grünen und Dominik Döbbeler von den Linken.
Aufgrund von internem Beratungsbedarf hatten weitere Fraktionen angegeben, diesen Antrag erst einmal nicht unterzeichnet zu haben. Konkret lautete die Formulierung: "In der Bauleitplanung haben Klima- und Naturschutz Vorrang gegenüber wirtschaftlichen Entscheidungen (Natur vor Bauen). Insbesondere sollen keine weiteren Flächen in Randgebieten/im Außenbereich zur Bebauung freigegeben werden."
Keine Neubaugebiete mehr?
Doch der zweite Satz, der sei niemals Thema gewesen, empörte sich CDU-Fraktionschef Ralf Herre: "Unsere Fraktion wird dem natürlich nicht zustimmen, denn dieser Antrag könnte für unsere Stadt einen Stillstand bedeuten, wenn keine weiteren Flächen mehr bebaut werden dürfen künftig. Und einen Stillstand wollen wir tunlichst nicht." Auch FDP-Fraktionschef Volker Ebel äußerte sich irritiert über den Zusatz; Stefan Okon, WAHL-Fraktionschef, schüttelte ebenfalls irritiert nur noch den Kopf. "Keinesfalls", so SPD-Fraktionsvorsitzender Ingmar Janssen, wolle die SPD eine Stadtentwicklung blockieren." Sie höre jetzt zwei Meinungen über einen Sachverhalt, sie würde gerne wissen, was denn jetzt im Protokoll als Ergebnis festgehalten wurde, so de stellvertretende Fraktionschefin der AfD, Jessica Malisch.
"In der Bauleitplanung haben Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel Vorrang gegenüber wirtschaftlichen Entscheidungen (Natur vor Bauen)", berichtete die Verwaltung. Und diesen Satz, den könne man so verabschieden, brachte Herre diesen nun als Gegenantrag ein; schließlich habe man sich auf diesen bereits verständigt. Nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung wurde in geheimer Wahl abgestimmt: Neun stimmten für den Antrag von WAHL, Grünen und Linke, zehn dagegen, eine Enthaltung gab es. Somit wurde er abgelehnt. Einstimmig angenommen wurde dann im Gegenzug bei offener Wahl der Gegenantrag der CDU.
Anderer Charakter in der Auslegung
"Die Veränderung in dem zuerst eingebrachten Antrag hat schon einen anderen Charakter in der Auslegung als den, den wir im Workshop erarbeitet hatten", berichtet Andreas Sauerwein im Nachgang der Sitzung. Er zeigt sich mit dem nun getroffenen Beschluss zufrieden: "Bislang konnten wir bei Neubauten sagen, man könnte ja über eine Photovoltaikanlage nachdenken - jetzt wird das Pflicht." In dem Punkt seien sich auch im Workshop immer alle Seiten einig gewesen.