Themenschwerpunkte. Die WAZ Heiligenhaus stellt in dieser und der kommenden Woche die zur Kommunalwahl antretenden Parteien und ihre Ideologien vor. Teil 3: Die WAHL
Im Jahr 2009 ist die „Wahl Alternative Heiligenhauser Liste“ (WAHL) erstmals bei der Kommunalwahl angetreten, hat aus dem Stand heraus rund 13 Prozent der Stimmen geholt. „Ein erfolgreicher Einstieg“ für eine komplett neu gegründete Partei, den sich Fraktionsvorsitzender Stefan Okon so erklärt. „Wir machen ausschließlich Politik für Heiligenhaus und sind nicht in irgendeiner Form überregional gebunden. Wir springen auch nicht auf einen Hype auf, wie etwa derzeit andere Parteien beim Thema Klimaschutz.“ 2014 kam die WAHL auf 11,6 Prozent und war damit in dieser Ratsperiode drittstärkste Partei (nach CDU und SPD). Wie die Wahl für die WAHL diesmal ausgeht, da wagt Stefan Okon keine Prognose – immerhin buhlen diesmal sieben Parteien um die Stimmen. Die WAZ stellt die Ideen, Ziele und Standpunkte der WAHL zusammengefasst vor:
Corona
Die WAHL lobt die Stadtverwaltung, sie habe die Situation gut gemanagt. „Man muss sagen, dass fast alle Heiligenhauser dazu beigetragen haben, dass sich die Fälle so stark in Grenzen gehalten haben.“ Bei der Gastronomie sei die Gebührenfreiheit für die Außengastronomie ein richtiger Schritt gewesen, zudem sollten bei Kulturveranstaltungen Künstler und Veranstalter notfalls ungewöhnliche Wege gehen, um das Publikum zu erreichen. „Diese Kreativität ist etwa bei den Wendehammerkonzerten eindrucksvoll zum Tragen gekommen.“
Primär gehe es darum, die Stadt für Bürger aller Altersgruppen lebenswert zu erhalten und weiter zu verbessern. Dazu gehöre, die Finger vom Außenbereich zu lassen: „Wir umschreiben das mit ‘Naherholung nicht verbauen’ – Heiligenhaus muss nicht ‘auf Teufel komm raus’ wachsen, wenn dadurch die Lebensqualität sinkt.“ Zudem brauche Heiligenhaus unbedingt mehr Angebote für Jugendliche im Bereich Freizeit, Sport und Kultur. Obwohl sich die finanzielle Situation durch Corona enorm verschlechtert habe, müssten weiterhin freiwillige Leistungen und Einrichtungen wie Musikschule, Bücherei, Club oder Spielhaus erhalten werden. Vor allem beim Schwimmbad sei es wichtig, dass man kein Luftschloss plane, das man sich am Ende nicht leisten könne.
Klimaschutz
Stefan Okon von der WAHL sagt: „Gerade nach den Erfahrungen der letzten beiden Sommer sollte der Fokus auf dem Schutz des Grundwassers liegen. Während für Neubauflächen eine getrennte Entsorgung von Schmutz- und Regenwasser vorgeschrieben ist, macht dieses Trennsystem nur zehn Prozent unseres Kanalnetzes aus. Wir fordern, dass es weiter ausgebaut wird.“ Bei den erneuerbaren Energien gebe es noch enormes Potenzial. Das Angebot des ÖPNV solle unbedingt erweitert werden. Außerdem plädiert die WAHL dafür, dass der Bürgerbus weitere Stadtteile anfährt.
Digitalisierung
„Im Bereich Bürgerservice ist schon einiges auf dem Weg, dennoch gibt es noch viele Bereiche oder Abläufe, die viel einfacher für unsere Bürger gestaltet werden könnten“, so die WAHL. Bei den Schulen bestehe viel Verbesserungspotenzial, allerdings sei das keinesfalls „mit ein, zwei Hauruck-Aktionen“ getan. Ganz wichtig sei, dass alle Schüler bei der Digitalisierung mitgenommen würden und Chancengleichheit gewahrt bleibe. „Daher ist neben der Geräte-Ausstattung auch ein Konzept notwendig, das den richtigen Umgang vermittelt. Die Schulen dürfen damit nicht alleine gelassen werden.“
Wirtschaftspolitik
Die WAHL plädiert für eine grundlegende Gewerbesteuerreform, um die Abhängigkeit einer Kommune von dieser zu verringern und Kommunen eher zum Kooperieren bewege statt zur Konkurrenz. Beim Innovationspark vertritt die Partei die Meinung, dass die Flächen nicht überhastet vergeben werden sollten. „Ein bloßes Auffüllen, nur um zu zeigen, dass es voran geht, ist kontraproduktiv. Wir können die Flächen nur einmal vergeben. Nach Fertigstellung der A 44 verbessert sich die Ausgangslage weiter.“ Zudem kritisiert die WAHL, dass ehemalige Gewerbeflächen für Wohnen umgewandelt würden. Sie hält es auch im Sinne von Steuereinnahmen für besser, diese Flächen mit „sauberem“ Gewerbe zu versehen und Synergien mit der Hochschule zu nutzen. Handwerker-Cluster könnten entstehen, Start-Ups Raum bekommen, und wenn Flächen im Innenbereich wie an der Mozartstraße genutzt würden, komme dies auch der Innenstadtbelebung zugute.
Verkehrspolitik
„Man sollte meinen, dass bei Straßenneuplanungen in der heutigen Zeit das Thema Fahrrad automatisch Berücksichtigung findet“, mokiert sich die WAHL, „dies ist in Heiligenhaus leider noch nicht der Fall, sollte aus unserer Sicht aber geschehen. Außerdem müssen die Abstellmöglichkeiten für Fahrräder verbessert werden.“ Die Teilöffnung der A 44 wird als Fehlentscheidung eingestuft. „Jeder wusste, welche Probleme in der Hofermühle und in Homberg entstehen.“
Schulpolitik
„Es wäre wünschenswert, dass im Grundschulbereich nach dem beschlossenen Schulentwicklungsplan etwas Ruhe einkehrt und die Planungen auf dieser Basis zügig vorangetrieben und umgesetzt werden. Die Chancengleichheit der Schüler hat für uns einen sehr hohen Stellenwert“, betont die Partei. Auch im Offenen Ganztagsbereich gebe es enormen Bedarf. „Wir sind der Meinung, dass das Modell der multifunktionalen Klassenräume vielversprechend ist und nach der Schulstraße auch die anderen Grundschulen von diesem Konzept profitieren können. Bei den weiterführenden Schulen ist uns wichtig, dass das bestehende Angebot gesichert wird. Diskussionen um Sekundar- statt Gesamtschule sind vollkommen unnütz.“ Sie ignorierten, dass das Modell der Gesamtschule in Heiligenhaus seit Jahrzehnten erfolgreich funktioniere.
Wohnungsbau
Aus Sicht der WAHL wurde der Bau von Ein- bis Zweifamilienhäusern in den vergangenen Jahren forciert, während gleichzeitig der Mietwohnungsbau außer Acht gelassen worden ist. „Aus diesem Grund muss unbedingt eine städtische Wohnungsbaugesellschaft gegründet werden, die dem Bedarf an bezahlbarem Wohnraum entgegenkommt.“ Ältere Bürger fänden keine barrierefreien kleinen Wohnungen, Familien mit Kindern keine geeigneten Mietwohnungen mit mehr als drei Zimmern. „Investoren wollen natürlich nur entwickeln, was sie sofort wieder in Form von Eigentumswohnungen verkaufen können“, kritisiert die Partei. „Um im Übrigen auch Steuerungsmöglichkeiten nach dem Ablauf von Förderfristen zu haben, ist die Wohnungsbaugesellschaft unabdingbar“. Zudem kann sich die WAHL so genannte „Tinyhouses“ als weitere Wohnmodelle gut vorstellen. „Die Stadt soll Flächen vorsehen, die gepachtet werden können, um diese kleinen Häuser in Modularbauweise aufzustellen. Dies ermöglicht den Menschen, günstig ein Eigenheim zu erwerben, das sich hinsichtlich der Größe und dem Wohnort anpassen lässt und damit Flexibilität in der Lebensgestaltung zulässt.“