Heiligenhaus. Fast 25 Jahre lang war Erich Bruß die gute Seele, das „Mädchen“ für alles bei der evangelischen Kirche Heiligenhaus. Nun geht es in den Ruhestand.
Eine gute Fee stellt man sich vielleicht zunächst anders vor als Erich Bruß, den Küster und Hausmeister der evangelischen Kirche, der jetzt in den Ruhestand gegangen ist. Wenn es aber darum geht, dass gute Feen Waschmaschinen wegtragen können, den Nikolaus im Kindergarten spielen, an Ostern die Eier verstecken, immer Zeit haben zu helfen und häufig bei Festen die Würstchen grillen, dann gibt es keine bessere Beschreibung für den Mann, der fast 25 Jahre bei der Kirchengemeinde beschäftigt war. Am Sonntag wurde er im Rahmen eines Gottesdienstes in der Dorfkirche Isenbügel verabschiedet, aus familiären Gründen zieht Bruß nun nach Aachen.
Werdegang begann 1996
Seinen Werdegang in der Gemeinde begann Erich Bruß 1996 als Hausmeister im alten Haus der Kirche, seit 2008 war er als Küster und Hausmeister im Gemeindezentrum Oberilp, der Dorfkirche Isenbügel und den beiden evangelischen Kindergärten tätig. „Wo etwas zu tun war oder etwas gefehlt hat, hatte er immer eine Idee“, erinnerte sich Presbyter Joachim Schmidt an die Dienstzeit des passionierten Skatspielers Erich Bruß, „die wurde dann so umgesetzt, dass niemand etwas vom ursprünglichen Problem bemerkt hat.“
Cola statt Traubensaft
Flexibel sei Bruß gewesen, einmalig und so ehrlich, dass im Zweifelsfall er die unangenehmen Dinge ausgesprochen hätte, an die andere sich nicht herantrauten. Ein Beispiel für diesen Einfallsreichtum gab Bruß schmunzelnd selbst zum Besten: „Einmal hatte ich den Traubensaft für das Abendmahl bei einer Konfirmation vergessen, und es war auch keine Zeit mehr, welchen zu besorgen. Beim Inspizieren des Kühlschranks gab es dann nur ein Getränk, das farblich als Ersatz herhalten konnte.“ Die Jugendlichen dürfte es gefreut haben – Cola kam aber wirklich nur dieses eine Mal zum Einsatz.
Mann in reinen Frauen-Team
Die „ehrliche Kommunikation, die Möglichkeit, sich alles sagen zu können“, hob Pfarrerin Kirsten Düsterhöft bei Erich Bruß besonders hervor – und auch die Bereitschaft, zu jeder Tages- und Nachtzeit zu helfen. „Zuerst war er etwas geschockt, es mit einem reinen Frauen-Team zu tun zu haben, aber wir sind schnell zusammengewachsen“, blickte die Pfarrerin fast schon wehmütig zurück. Auch ihre Worte im aktuellen Gemeindebrief lassen nur einen Rückschluss zu: Mit dem Weggang des 65-Jährigen wird eine ziemlich große Lücke entstehen. „“Er hat Suppe gekocht, gegrillt, den Karnevalspräsidenten gemacht oder den Nikolaus im Kindergarten. Und wenn ich mal verhindert war, übernahm er sogar den Schulgottesdienst“, schreibt die Pfarrerin, „er hat seine Arbeit mit soviel Freude und Einsatz gemacht, dass man ihm auch nicht böse sein konnte, wenn er mal wieder eine Viertelstunde zu spät kam.“
Die besondere Hilfsbereitschaft, auch außerhalb seines Amtes, hob auch Christiane Wendel, 1. Vorsitzenden vom Förderverein der Dorfkirche hervor. „Nie wurde ihm die Arbeit zu viel. Und als mein Sohn Hilfe nach einem Autounfall brauchte, ist Erich Bruß sofort losgezogen, auch mitten in der Nacht.“ „Wenn man eine patente Lösung brauchte, konnte man auf ihn bauen“, lobte auch Helen Hess stellvertretend für die Erwachsenenbildung im Kirchenkreis Niederberg.
Auch im Ruhestand weiter aktiv
So fand Erich Bruß seinen Arbeitsplatz
An seine Arbeitsstelle bei der evangelischen Kirchengemeinde in Heiligenhaus kam Erich Bruß auf lustige Art und Weise: Während einer längeren Wartezeit im Arbeitsamt blätterte er durch ausliegende Stellenanzeigen und bewarb sich mehr aus Spaß auf das Jobangebot der Kirche. Daraus wurde dann ein Vierteljahrhundert Arbeit vor Ort. Infos über die Gemeinde gibt es auf https://www.evkheiligenhaus.ekir.de
Diese Lösungen kann Erich Bruß bestimmt auch im Ruhestand gebrauchen, denn ganz ohne Job will er auch nun nicht sein: Der aus Pasewalk stammende Vater von vier erwachsenen Kindern wird Kinder mit Behinderung zur Schule fahren und nach Unterrichtsende wieder nach Hause bringen. Zeit bleibt dann hoffentlich auch noch fürs Reisen, für Hobbys und natürlich für die Familie. Was Bruß aus Heiligenhaus mitnimmt, ist für ihn ganz klar: „Hier habe ich gelernt, wie wichtig Kirche ist, wie wichtig es ist, für die Menschen da zu sein. Ich mag es, wenn jemand voll und ganz für eine Sache einsteht und da ist.“
Wiedersehen an Weiberfastnacht
Und weil Bruß nun mal so ist, wie er ist, wird „seine“ Kirchengemeinde ihn keinesfalls einfach so, ohne Weiteres, von dannen ziehen lassen. Daher hat Kirsten Düstehöft bereits jetzt einen Termin für ein fröhliches Wiedersehen ausgewählt. „Halte Dir schon mal Weiberfastnacht 2021 frei, Erich. Wir zählen auf Dich!“