Heiligenhaus/Ratingen. . Während eines Ferienlagers konnten flugbegeisterte Jugendliche hoch hinaus. Die WAZ hat das Erlebnis im Segelflieger getestet.
Draußen ist es noch dunkel, da sind die Teilnehmer des diesjährigen Ferienlagers am Flugplatz Meiersberg bereits auf den Beinen und machen alles startklar für ihren Sonnenaufgangsflug. Damit man rechtzeitig in der Luft ist, wenn die Sonne gerade am Horizont aufsteigt, sind die Jugendlichen im Alter von 14 bis 19 Jahren bereits um kurz nach vier Uhr aus ihren Zelten gestiegen.
Es ist der vorletzte Tag ihres Feriencamps, das jedes Jahr in den ersten zwei Wochen der Sommerferien vom Verein Sportflug Niederberg organisiert wird. Und die Bedingungen könnten für einen Flug nicht besser sein. Fabian Baader ist Fluglehrer und sichtlich erfreut: „Der Himmel ist relativ frei von Wolken, das Wetter ist ruhig. Also alles perfekt für einen Sunrise Flug.“ Um nachvollziehen zu können, was die Flugschüler fühlen, ist WAZ-Mitarbeiter André Marston Alvarez mitgeflogen.
Vorfreude und Nervosität
Für einen kurzen Moment frage ich mich, ob mich der mögliche Umstand, in mehreren 100 Metern Höhe bei voller Tempo aus einem Flugzeug springen zu müssen, beunruhigen sollte, doch überdeckt meine große Vorfreude größtenteils die Nervosität. Mit Fallschirm und Kamera bewaffnet, steige ich dann in das rund 500 Kilogramm schwere Segelflugzeug.
Das zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass es keinen Motor und somit keinen eigenen Antrieb hat. Damit wir mit dem motorlosen Luftfahrzeug nach oben kommen, werden wir mit langen Seilen an einer motorisierten Seilwinde verbunden. Als die Seilwinde los legt, merke ich die 300 PS, die in ihr stecken. Es gibt einen starken Ruck und wir werden so schnell hochgezogen, dass ich in den Sitz gedrückt werde.
Doch bevor ich einfach in den weiß lackierten Flieger einsteigen kann, werde ich zunächst mit einem schweren Rucksack ausgerüstet. In diesem befindet sich ein Fallschirm, der mir im Notfall das Leben retten soll. Zudem bekomme ich eine kurze Sicherheitseinweisung und unter anderem folgendes vom Piloten zu hören: „Wenn wir uns in der Luft befinden und wir aussteigen müssen, werde ich dir das sehr klar und deutlich mitteilen. Aber keine Sorge, den Fallschirm mussten wir bisher zum Glück noch benutzen“.
In drei Sekunden von 0 auf 100 beschleunigt
Kein Wunder: das Flugzeug beschleunigt innerhalb von drei Sekunden von 0 auf 100 Kilometern pro Stunde. Als wir die richtige Höhe und Geschiwindigkeit erreichen, löst sich die Verbindung zur Winde und wir können frei segeln und bestimmen, wo es hingeht. In ungefähr 400 Metern Höhe offenbart sich mir dann eine eindrucksvolle Aussicht über die großen grünen Flächen und Städte des Umlands. Als dann noch die Sonne am Horizont aufgeht, ist das Gesamtbild perfekt und ich kann gut nachvollziehen, wieso sich Jahr für Jahr wieder junge Nachwuchspiloten entscheiden, beim Camp am Meiersberg teilzunehmen.
Wir gleiten so ruhig durch die Lüfte, dass ich und der Pilot uns auch ohne Headset problemlos unterhalten können. Er erklärt mir, dass die Segelflieger beim Flug konstant leicht an Höhe verlieren und nach einem Start mit der Seilwinde lediglich fünf bis zehn Minuten in der Luft bleiben können.
Kommt man allerdings mit Hilfe eines Schleppflugzeugs in die Luft, könne man wesentlich höher kommen. Anschließend erhalte ich einen Eindruck davon, welches Potenzial in den Segelfliegern steckt. Mit kleinen Manövern zeigt mir Fabian Baader, dass auch Kunstflüge möglich sind. Nach ein paar Runden in der Luft geht es schon wieder runter, die Landung ist überraschend sanft.
Unten angekommen hätte ich gleich schon wieder Lust, die nächste Runde über Heiligenhaus zu drehen. So ein Flug mit einem Segelflieger ist wirklich eine tolle Erfahrung.
Flugschüler erleben das Gefühl von Freiheit
Neben tollen Eindrücken sammeln, können die Jugendlichen während des Camps aber auch ihr Können als Piloten verbessern. „Inzwischen können bereits alle Teilnehmer des Feriencamps schon alleine fliegen. Das war am Anfang des Lagers nicht so“, sagt Fluglehrer Fabian Baader. „Doch wir geben den Teilnehmern während des Camps die Chance, ihre erste Prüfung zu absolvieren. Zum ersten Mal im Einsitzer zu fliegen ist für viele der erste große Schritt.“
Ganz alleine im Flieger zu sitzen und verantwortlich zu sein, dazu gehört ja auch schon ein wenig Mut. Einer der Flugschüler ist der 15- jährige Linus Wanko, dem am Camp vor allem gefällt, „dass man fast rund um die Uhr fliegen kann.“ Normalerweise könne man ja nur am Wochenende fliegen und dann nicht so lange wie jetzt. „Dadurch konnte ich auch viel schneller meine erste Prüfung bestehen. Abgesehen davon macht es natürlich einfach Spaß zu fliegen. Es gibt mir das Gefühl von Freiheit.“
Drei Prüfungen sind fällig
Drei Prüfungen müssen die Nachwuchspiloten absolvieren, bis sie ihren Flugschein haben. Der ganze Prozess, der auch eine theoretische Schulung beinhaltet, dauert drei Jahre. Jugendleiter Sebastian Schüling fliegt bereits seit sieben Jahren und ist froh darüber, dass es jedes Jahr genügend Jungen und Mädchen gibt, die sich zwei Wochen intensiv dem Fliegen widmen möchten. Dazu macht er deutlich: „Das wichtigste ist natürlich, dass wir hier eine gute Zeit haben. Neben dem Fliegen machen wir auch viele andere Aktivitäten wie Grillen, Tischtennis spielen oder auch ins Schwimmbad gehen, was bei den aktuellen Temperaturen natürlich eine gute Abkühlung bietet“. Das höchste der Gefühle bleibt für die Flugschüler aber das Erlebnis, in mehreren hundert Metern Höhe durch die Luft zu düsen.
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- Wer auch mal den Himmel über Heiligenhaus erkunden will, kann sich beim Sportflug Niederberg, Wiel 1 in Heiligenhaus, melden.
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