Heiligenhaus. . Bei der Aktion „Neandertal Tatorte“ öffneten am Wochenende kreisweit 118 Ateliers ihre Türen. Auch vor Ort in Heiligenhaus lockten zwei Tatorte.
Runtergekommene Wände, Absperrband, Tatwaffen in den Ecken und rote Spritzer an der Wand. Das ehemalige Pastorat wurde zum Tatort, die Täter laufen frei rum und präsentieren sich stolz neben ihren brutal kreativen Schöpfungen. Aber keine Sorge, es ist kein Ort des Schreckens, sondern ein Ort des Schaffens: Tatwaffen sind Pinsel und Sprühdosen, die Täter leidenschaftliche Künstler.
Spachtelmasse und Farbpigmente
„Für uns ist es ein temporäres Museum“, erklärt Thomas Pischke, der mit acht Künstlern zum fünften Mal im Pastorat ausstellt. Jeder Raum bietet ein anderes Erlebnis. Im Erdgeschoss präsentiert der Leverkusener Stefan Geske. Neben einem Raum voller Lichtobjekte hängen Kugelschreiber-Zeichnungen. „Ich freue mich über schöne Gespräche mit den Besuchern. Erfolg misst sich nicht am Verkauf. Kunst mit anderen zu teilen und zu diskutieren, das ist viel wert“, erklärt Geske. Ein Lieblingsstück habe er nicht, Bilder die zum Nachdenken anregten, seien aber in jedem Fall seine auf Aquarellpapier gedruckten Fotografien „Gedankengänge“. Wälder und Felder, nur grob zu erkennen: „Denn oft laufen wir gedankenverloren durch die Welt, ohne auf die schönen Details zu achten.“
Ein echtes Farbenspiel
Nebenan präsentiert Anette Fink digitale Fraktalkunst. „Diese Kunstwerke finde ich besonders interessant“, kommentiert Besucherin Ulrike Kriewitz. „Man erkennt einige Bilder wieder, aber farblich verändert. Ein echtes Farbenspiel!“ Auch Photoshop und Mathematik fließen in diese Art der Kunst mit ein, weiß Pischke, dessen Werk „Black Beauty“ im nächsten Stockwerk Bewunderer findet. „Was mich antreibt ist zum einen Eitelkeit, natürlich will man sich als Künstler präsentieren. Aber auch meine Verpflichtung dem Ehrenamt gegenüber. Wenn ich will, dass es etwas gibt, aber das gibt es noch nicht, dann mache ich es halt selber.“ Er ist fasziniert von den Werken des Illustratoren Nils Hamm, die einen großen Kontrast zu den scharfen Kanten und symmetrischen Formen des Produktdesigners Amadeus Fuchs im Nachbarraum bilden. Er designt jedes Jahr einen Kalender, dessen Motive an der Wand mit tiefgehenden symbolischen und farblichen Bedeutungen durch die Monate leiten.
Charta der Menschenrechte
Die Künstler denken abstrakt über das Alltägliche nach, versuchen kreativ auf aktuelle Themen aufmerksam zu machen. Markus Rykalski zum Beispiel färbte die Worte der Charta der Menschenrechte so ein, dass nun das Bild einer Kerze durch sie hindurch leuchtet; Armin Schmidt präsentiert wenige Straßen weiter eine Bambusskulptur mit dem Titel „Bum Bum Bamboo – Spiel mit dem Feuer“, die auf die dramatischen Folgen von zwischenstaatlichen Angriffen verweisen soll.
Gene immer weiter vererbt
Schmidt selbst kann dieses Jahr zum ersten Mal ins eigene Atelier einladen, mit seiner Mutter Anneliese Schmidt. „Die künstlerischen Gene habe ich von meinem Vater geerbt“, zwinkert sie und sagt: „Und dann hab’ ich sie weiter vererbt.“ Malerisch ist das Wort, mit dem man ihre Pastellwerke am besten beschreiben kann. Fotografien aus Urlauben wandelt sie in atmosphärische Gemälde um, während Armin Schmidt gerne mit Tusche oder Spachtelmasse und Farbpigmenten arbeitet. Er will inspirieren und das gelingt: „Da denke ich sofort, ich muss selber mal wieder malen“, schwärmt die Besucherin und Kunstlehrerin Heike Antes.