Heiligenhaus. . In Heiligenhaus kümmern sich die Feuerwehrleute allesamt ehrenamtlich. Günter Blum ist seit fast 50 Jahren dabei und hat schon so einiges erlebt.

  • Die Heiligenhauser Feuerwehr besteht nur aus Ehrenamtlern. Wir stellen in unserer Serie einige vor
  • Günter Blum war 50 Jahre bei der Stadt beschäftigt und ist fast seit 50 Jahren auch Feuerwehrmitglied
  • Früher leitete er die Heiligenhauser Wache als Stadtbrandmeister, nun kümmert er sich um das Museum

Wenn in den 1960er Jahren der Sirenenalarm durch Heiligenhaus ging, dann standen zwei Zwillingsbrüder sofort vor der Tür. In der Hoffnung, dass die Feuerwehr in ihre Richtung fährt und sie beobachten können, was spannendes passiert. Später einmal sollten die Brüder selber ausrücken – und einer von ihnen, Günter Blum, sogar deren Chef werden.

Die Feuerwehr war für den ehemaligen Stadtbrandmeister immer ein Thema – vor seinem Eintritt in die Einsatzabteilung bis zu seinem Übertritt in die Ehreabteilung. Mit 14, am 1. April 1965, fing Blum bei der Stadtverwaltung seine Ausbildung an. Vier Jahre später trat er der Freiwilligen Feuerwehr bei, zunächst war er beim Luftschutzhilfsdienst (LSHD). „Die Wache war damals ja direkt hinter dem Rathaus“, erinnert er sich, „da wurde ich dann angesprochen, ob ich nicht die Rechnungsführung übernehmen wolle.“

Gemeinsam mit dem Bruder zur Wache gelaufen

So kam eins zum anderen. Auch der Zwillingsbruder war bei der Wehr. „Wir wohnten an der Kettwiger Straße. Bei einem Einsatz sind wir dann zur Wache gerannt, kamen mit hechelnder Zunge an und mussten dann in die unbequemen Klamotten und los zum Einsatz“, berichtet er lachend. Die sind im Laufe der Jahre natürlich viel bequemer geworden. „Es hat sich viel verändert, gerade auch im technischen Bereich.“

Für Helme interessiert sich Günter Blum ganz besonders.
Für Helme interessiert sich Günter Blum ganz besonders. © Alexandra Roth

Doch, und das sei für Blum auch das Spannende an der Feuerwehr: „Vieles ist noch genauso wie früher. Zwar wurde alles modernisiert, aber das Grundprinzipien nicht. Die haben heute noch Bestand“, so Blum. „Bei der Feuerwehr macht nie einer alles alleine. Du bist immer im Trupp unterwegs, man muss sich bedingungslos vertrauen und sich gegenseitig aufeinander verlassen können. Das ist das Tolle.“ Außerdem habe jeder Aufgaben – alle müssen helfen, keiner wird außen vor gelassen. „Das ist ja bei Sportarten ganz anders, da geht es im Zweifel darum, dass ich besser bin als andere.“

Eigener Unfall war das schlimmste Erlebnis

Rückblickend auf seine eigene Zeit gibt es für Blum vor allem ein sehr einprägsames Erlebnis. Bei einem Einsatz hat er fast seinen Unterschenkel verloren: „Das war 1970 oder 71, es gab einen Brand in einer Gießerei“, erinnert er sich zurück. Seine Aufgabe war es, die Batterien, die unter anderem mit Sauerstoff gefüllt waren, neben der Halle zu kühlen, damit diese nicht explodieren. „Dann gab es einen großen Knall, die Wand vom Schuppen war weggerissen, die Teile flogen durch die Gegend.“

Unter Schock ins Feuer gelaufen

Er rannte los – in das Feuer hinein. „Es fühlte sich an, als hätte ich einen Betonklotz am Fuß, und ich bin immer weiter gerannt.“ Ein Teil hatte ihn dort getroffen, unter Schock stehend war er in die brennende Halle gelaufen. „Die Kollegen mussten mich zurückholen, danach bin ich ins Krankenhaus gekommen.“

Seine Kameraden haben die alte Uniform von Günter Blum im Museum ausgestellt.
Seine Kameraden haben die alte Uniform von Günter Blum im Museum ausgestellt. © Alexandra Roth

Dort lag er dann mit der Info, dass ihm wahrscheinlich der Unterschenkel amputiert werden müsse. „Ich habe mich nach der OP gar nicht getraut, unter die Bettdecke zu schauen“, so Blum. Doch dann die Erleichterung: Der Fuß konnte gerettet werden und die Tränen flossen einfach nur noch bei dem gerade 20-Jährigen. „Danach dauerte es eine Zeit, bis ich wieder ohne Angst Einsätze absolvieren konnte. Vor allem, wenn es wieder zu dieser Gießerei ging – da stand mir bis zuletzt der Angstschweiß auf der Stirn, das konnte ich nie ganz ablegen.“

Robustheit gehört für den Dienst dazu

Sonst sei Blum immer recht robust gewesen, „man darf das auch nicht an sich rankommen lassen, aber ich konnte immer gut damit umgehen“, findet er. Robust zu sein, dass sei seiner Meinung nach auch die wichtigste Grundvoraussetzung, um bei der Freiwilligen Feuerwehr mitzumachen. Doch was er gut findet ist die heutige gängige Praxis der Gesprächsmöglichkeit. „Man erlebt schon Dinge, die schocken“, berichtet er von mehreren brennenden Menschen die er gesehen hat, von Unfallopfern oder von anderen schicksalhaften Momenten. „Man kommt schon mehr ins Grübeln über das Schicksal“, zeigt er sich nachdenklich.

Sein erster Einsatz war ziemlich kalt, erinnert sich Blum. „Es gab einen Gefahrgutunfall bei den Kalkwerken und von Wülfrath bis Duisburg waren alle Feuerwehren damit beschäftigt, im Angertal das Öl aus dem Bach zu holen, damit es nicht in den Rhein fließt.“ Bei eisigen Temperaturen und Schneetreiben stand er dann mit nassen Stiefeln und Hosen im Bach. Unspektakulär hingegen sein letzter Einsatz, „an den kann ich mich gar nicht erinnern“, muss er lachend zugeben. „Aber mit der Zeit wird man routinierter und ist auch nicht mehr so aufgeregt als in den ersten Jahren, wenn der Pieper losging.“

Feuerwehrmuseum sucht noch weitere Unterlagen

Grund zu feiern werden die Kameraden in zwei Jahren haben: 2019 wird das 150-jährige Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr gefeiert. „Einige von uns, wie Nils Vollmar, arbeiten uns derzeit durch alte Archive, auch das Stadtarchiv unterstützt uns“, berichtet Günter Blum. Doch nicht nur die 150 letzten Jahre interessieren ihn, „ich möchte auch gerne wissen: Wie hat man vor 1869 gelöscht?“

Viele alte Uniformen hängen im Feuerwehrmuseum.
Viele alte Uniformen hängen im Feuerwehrmuseum. © Alexandra Roth

Deswegen bittet Blum um Mithilfe der Heiligenhauser: „Wenn jemand noch Unterlagen hat oder Hintergrundinfos von Verwandten hat, würden wir uns sehr freuen, wenn wir davon erfahren würden“, appelliert der ehemalige Wehrleiter.

Bis dahin wird er sich weiter liebevoll um die über 10 000 Exponate kümmern, „die ganze Familie Brunnöhler hat die Sammlung aufgebaut und gestaltet“, berichtet Blum. Dass er sich nach dem Ruhestand hier engagiere, das hätte sich einfach so ergeben. „Jetzt kann ich stolz sagen: Wir sind eines der breitesten aufgestellten Feuerwehrmuseen in Deutschland.“ Viele Besucher kommen auch von außerhalb – oder sogar extra aus Neuseeland, wie Blum zu berichten weiß.

>>> MITMACHEN BEI DER FEUERWEHR

  • Wer Lust hat, mal bei einem Übungsdienst der Freiwilligen Feuerwehr dabei zu sein, ist jederzeit herzlich eingeladen. Dieser findet alle zwei Wochen freitags an der Friedhofsallee 1 ab 19 Uhr statt. Für unter 18-Jährige gibt es die Jugendfeuerwehr.
  • Auf waz.de/feuerwehrleben gibt es alle weiteren Folgen und Infos über die Arbeit der Wehr. Wer die Feuerwehr direkt kontaktieren möchte: fw-heiligenhaus.de, über die Facebook-Seite oder telefonisch unter
    02056/ 93250.
  • Das Feuerwehrmuseum hat morgen, Sonntag, 29. Oktober, wie jeden letzten Sonntag und jeden zweiten Samstag geöffnet - oder nach Absprache.