Heiligenhaus/Harz. . Was für viele ein Traum bleibt, hat sich der Heiligenhauser Nils Vollmar erfüllt. Wie es sich anfühlt, eine Dampflok über die Schienen zu fahren.

Nichts tun, in der Sonne liegen, gut essen – viele haben sich in den Ferien auf diese Weise eine Auszeit vom Alltag genommen. Nils Vollmar hingegen tauchte während seines Urlaubs in einen Arbeitsalltag ein, der vor Jahrzehnten verschwand: Er wurde Lokführer auf einer Dampflokomotive.

Idyllisch fährt die Lok über die Schmalspurbahn. left Der Harz wird durch ein Netz von Schmalspurbahnen durchzogen, die auch nach dem Ende von DDR und Reichsbahn täglich von Dampflokomotiven befahren werden. Als Besonderheit bieten die Harzer Schmalspurbahnen an, sich innerhalb von zwei Wochen zum Ehrenlokführer ausbilden zu lassen, der unter Aufsicht einen Zug selber fahren darf. „Das ist eine Welt für sich“, stellte Nils Vollmar schnell fest, als er die Werkstatt für die Lokomotiven kennenlernte: „Da werden Ersatzteile selbst hergestellt.“

Man ist selber beim Fahren richtig gefordert

Bevor es aber auf die Lok ging, wurde Theorie gebüffelt. Neben Grundlagen des Eisenbahnbetriebs wurde die Funktionsweise der Dampflok mit allen ihren Einrichtungen erklärt. „Da habe ich sofort kapiert, wie die Heusinger Steuerung funktioniert, viel besser als in einer Computersimulation.“ Zu Erklärung: Mit der Steuerung wird waagrechte Bewegung vom Dampfzylinder auf die Räder übertragen. Dann ging es in die Ausbildung in den normalen Zugbetrieb, eingeteilt in den Schichtplan von Lokführer und Heizer. „Da kommt man komplett aus dem bisherigen Leben raus“, stellte der Heiligenhauser fest. „Da ist nichts gespielt, da wird man so richtig gefordert.“

Die ganzen Instrumente zu beherrschen erfordert viel Theorie.
Die ganzen Instrumente zu beherrschen erfordert viel Theorie. © Nils Vollmar

So musste der „Lehrling“ vor der Abfahrt erstmal die Lok sauber machen und alle Ölbehälter und Schmierstellen auffüllen. „Jeden Tag machte ich ein bisschen mehr.“ Neben der Technik war der Eisenbahner auf Zeit von der Menschlichkeit in dem Betrieb begeistert. „Nach dem Dienst ging man nicht einfach nach Hause, sondern blieb noch auf ein Bierchen zusammen, um sich dies und das zu erzählen.“ Daneben lernte der Tourist, wie auf der Führerstand einer Dampflok Grillkäse, Würstchen oder Gulaschsuppe warm gemacht werden.

Schönster Job der Welt

Die Dampflok durfte Nils Vollmar auch selber fahren.   
Die Dampflok durfte Nils Vollmar auch selber fahren.   © Nils Vollmar

Nach der Theorieprüfung stand die praktische Bewährung an. Nils Vollmar ist immer noch ganz fasziniert, wie es ist, wie er die Lok in Bewegung setzt: „Das ist einfach wahnsinnig.“ Höhepunkt war seine Fahrt auf den Brocken unter schwierigen Bedingungen: „Die Gleise waren nass, der Zug wog 145 Tonnen und war rappelvoll, die Lok neigte zum Schleudern – aber man hat mich machen lassen. Oben angekommen gab es ein anerkennendes ‘Haste gut gemacht’.“

Zufrieden war Nils Vollmar am Ende seiner Ausbildungszeit.   
Zufrieden war Nils Vollmar am Ende seiner Ausbildungszeit.   © Nils Vollmar

Obwohl sich der Dampflokeleve dabei ganz auf seine Maschine konzentrierte, genoss er nebenbei viel Natur mit noch mehr Nadelwald. Trotz aller Begeisterung für die alte, gern verklärte Dampflokromantik, erfuhr Vollmar deren Nachteile. „An heißen Tagen herrschten auf dem Führerstand unerträgliche 50 bis 60 Grad. Ältere Lokführer klagten nach jahrelangen Dienst auf der unruhig fahrenden Lok über körperliche Probleme. „Trotzdem ist es für sie der schönste Job.“ Dem findet Nils Vollmar beipflichten. Damit seine Lizenz gültig bleibt, wird er im Winter wieder durch den Harz dampfen.

>>> GRÖSSTES ZUSAMMENHÄNGENDES NETZ IN EUROPA

  • Die Firma Harzer Schmalspurbahnen mit Sitz in Wernigerode übernahm 1993 von der Deutschen Reichsbahn ein 140 Kilometer langes Bahnnetz in der Spurweite von einem Meter. Dabei handelt es sich um das größte zusammenhängende Streckennetz in Europa unter Dampf mit einem ganzjährigem Betrieb.
  • Gesellschafter sind die anliegenden Landkreise und Kommunen. Täglich wird der Brocken angefahren, mit 1144 Meter der höchste Berg Norddeutschlands.