Heiligenhaus. Adriana Hüskes hilft hochintelligenten Kindern. Sie schafft ein Bewusstsein dafür, dass es in Heiligenhaus hunderte Menschen mit hohem IQ gibt.

„Die meisten wissen gar nicht, dass sie einen hohen IQ haben“, sagt Adriana Hüskes. Das will die Kunstpädagogin aus Heiligenhaus ändern, sie gehört zur Deutschen Gesellschaft für das hochbegabte Kind (DGhK) und organisiert deren örtlichen Treffen und Förderkurse. Als hochbegabt gilt, wer einen Intelligenzquotienten von mindestens 130 hat. Das sind gut zwei bis drei Prozent der Bevölkerung, also vielleicht 800 Menschen in Heiligenhaus.

Diese will sie ausfindig machen. Denn gerade bei Kindern könne es zu Problemen führen, wenn eine Hochbegabung nicht erkannt wird. In der Schule werden Betroffene oft unterfordert, langweilen sie sich, sind frustriert und werden vielleicht sogar aggressiv, weiß Hüskes. Doch richtig erkannt, würde die Ursache für dieses Verhalten selten. Zumal seriöse Intelligenztests erst das zweite Schuljahr abwarten.

„Es gibt häufig Fehldiagnosen“

Lehrer vermuten oft andere Probleme hinter schlechten Noten und Aggressionen, „und es gibt häufig Fehldiagnosen. Teilweise wird eine Depression diagnostiziert.“ Im Jugendalter kann sich dann tatsächlich eine Depression entwickeln oder eine Essstörung. Denn die Teenager werden gemobbt, ziehen sich zurück und verletzten sich sogar selbst.

Alles, weil sie sich unverstanden fühlen, größtenteils wegen des Intelligenzunterschieds. So haben die meisten Menschen einen IQ um die 100, und ein Abstand von 30 oder mehr Punkten sei sehr viel, findet Hüskes. So beginne die geistige Behinderung bei einem Wert von 70, dies ist der gleiche Abstand wie vom Großteil der Bevölkerung zu Hochbegabten. Für diese sei es deshalb schwer, mit Gleichaltrigen auf einer Wellenlänge zu sein.

Viele Kinder leiden unter Vorurteilen

Daher möchte Adriana Hüskes mit ihrem Verein ein Bewusstsein schaffen, dass es in der Region Hochbegabte jeden Alters gibt. Sie bietet Förderkurse im Club an und arbeitet zudem mit Kitas, Schulen und Kinderärzten zusammen. „Je früher eine Hochbegabung erkannt wird, desto besser können wir sie fördern.“ Doch damit sind längst nicht alle Probleme beseitigt. „Hochbegabte leiden unter Vorurteilen, und ihre Intelligenz schürt auch Ängste.“

Die Kinder gelten als sozial inkompetent, und einige Lehrer würden sich von ihnen herausgefordert fühlen. Das führe zu Frust. Überdies herrsche der Irrglaube, dass alle Hochbegabten kleine Einsteins seien und an Autismus litten. „Es sind ganz normale Kinder“, sagt Hüskes. In den Spielgruppen ihres Vereins treffen sie auf Gleichgesinnte, was ihren Horizont erweitern soll. „Wir haben aber auch kleine Nerds“, die sich schon sehr früh für Mathematik und Ingenieurwesen interessieren.

Mädchen verschweigen, was sie auf dem Kasten haben

Doch nicht jeder mit hohem IQ macht in Rekordzeit Abitur und wird jung zum Professor. „Wer hochbegabt ist, muss kein Hochleister sein“, sagt Adriana Hüskes. So würden gerade Mädchen selten zeigen, was sie alles auf dem Kasten haben. Ohnehin sei es Hochbegabten unangenehm, ihren IQ anzusprechen.

Besonders junge Frauen würden nichts erzählen, weil sie fürchten, dass sie Männer einschüchtern. Männer mögen, glauben sie, keine Partnerin, die größer, stärker oder wohlhabender ist. Eine schlauere Freundin, das gehe dann erst recht nicht. Doch Adriana Hüskens appelliert ans Selbstvertrauen der Jugendlichen beider Geschlechter. Intelligenz ist sexy. Und wer möchte sich nicht angeregt mit dem Partner unterhalten können? Solche Gespräche biete die DGhK. „Unsere Stammtische unterscheiden sich nicht groß von Schachclubs oder Briefmarkenvereinen, wir haben nur andere Themen.“

13 Familien werden derzeit betreut

Zum Verein stoßen auch Erwachsene, als Eltern oder weil sie spät von ihrem IQ erfahren. Spätentdeckte bräuchten jedoch nicht in ein tiefes Loch fallen und über verpasste Chancen nachgrübeln. „Wichtig ist doch, dass man ein glückliches Leben führt.“ Das geht, findet Adriana Hüskes, auch ohne Professorentitel.

Derzeit betreut sie 13 Familien aus Heiligenhaus und dem übrigen Nord-Kreis. Die Dunkelziffer der Hochbegabtem sei zwar groß, „aber viele kommen sehr gut durchs Leben, ohne Probleme und ohne von ihrer hohen Intelligenz zu wissen.“