Heiligenhaus. Frank Herrmann tritt bei der Landtagswahl in NRW für den Wahlkreis Heiligenhaus/Ratingen an. Warum der ÖPNV für alle kostenlos sein sollte.

Die Piraten waren die große Überraschung bei der Landtagswahl 2012 und zogen deutlich ins NRW-Parlament ein. Frank Herrmann (56), Direktkandidat für den Wahlkreis Mettmann III berichtet, was ihn Fraktion in den vergangenen fünf Jahren bewegt hat und wie es nun weitergehen soll.

„Das war schon interessant, ich habe vorher selbstständig in der Filmproduktion gearbeitet und hatte keine Erfahrung mit Politik“, sagt Herrmann. Mit seinem Listenplatz 18 hatte er gar nicht damit gerechnet, in den Landtag einzuziehen. Zu Anfang sei es dann hier sehr gut gelaufen, die Piraten hätten direkt zwei ihrer Anträge durchbringen können – als kleine Partei in der Opposition eher unüblich. Die SPD habe zunächst angeboten, kooperativ zu sein: Doch nach den zwei Anträgen scheiterten quasi alle weiteren.

Die Digitalisierung ist eins der Hauptthemen der Piraten, Frank Herrmann hat aber noch weitere Schwerpunkte.
Die Digitalisierung ist eins der Hauptthemen der Piraten, Frank Herrmann hat aber noch weitere Schwerpunkte. © Heinz-Werner Rieck

Schlechte Karten für die Piraten

Auch in den eigenen Reihen musste man Verluste hinnehmen.„Inzwischen sind von 20 Abgeordneten in unserer Fraktion aber nur noch 17 übrig, einer ist zur CDU gewechselt, zwei sind fraktionslos“, sagt Herrmann. Fünf Jahre habe es gedauert, sich richtig in die Parlamentsarbeit einzuarbeiten. „Wir haben auch Fehler gemacht, aber für uns war eben alles neu“, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Den größten Nachteil im Gegensatz zu den etablierten Parteien sieht er in der fehlenden Vernetzung.

Trotz schlechter Umfragewerte seien die Piraten immer noch wichtig für die Landespolitik, so der Direktkandidat: „Wir sind die einzige Partei, die digitale Kompetenz besitzt. Ein Thema, das immer wichtiger für uns alle wird und das wir weiter im Auge behalten müssen. Wir haben beispielsweise auf den letzten Metern durchgesetzt, dass Informatik als Pflichtfach an den Schulen eingeführt wird“, berichtet Herrmann.

Modernerer Unterricht

Überhaupt sei in der Bildungspolitik noch einiges zu tun. „Wir fordern Glasfaseranschlüsse für alle Schulen, um das digitale Lernen abseits von Kreide und Büchern bereits in jungen Jahren zu fördern.“ Glasfaserkabel ersetze die Kreide jedoch nicht, aber man müsse eben am Ball bleiben.

Aber auch Bürger und Verwaltungen müssten bei diesem Thema noch mitgenommen werden. Viele Menschen gingen im Netz noch immer zu sorglos mit ihren Daten um. Herrmann: „Wir müssen die Medienkompetenz fördern.“ Noch gingen die Menschen unbewusst viel zu locker mit ihren Daten um. Herrmann, der selber auch verschlüsselte Email-Kommunikation nutzt, hofft, dass die Bürger hier auch im Bereich der digitalen Überwachung sensibler werden.

ÖPNV für alle kostenlos

Doch die Piraten hätten auch abgesehen von Internet und Digitalisierung noch weitere Themen im Blick. „Beim Verkehr müssen wir etwas tun. Wir fordern einen fahrschein- und somit kostenlosen ÖPNV für alle, der über Steuergelder finanziert wird.“ Der Gemeinschaftstransport solle also als öffentliche Aufgabe verstanden und Takte und Verbindungen müssten ausgebaut werden. „Aber es führt auch kein Weg dran vorbei, die Straßen zu reparieren“, fordert Herrmann.

Der Kandidat für die Piraten bei der Landtagswahl für Heiligenhaus und Ratingen sieht beim Thema Innere Sicherheit ein hysterische Debatte.
Der Kandidat für die Piraten bei der Landtagswahl für Heiligenhaus und Ratingen sieht beim Thema Innere Sicherheit ein hysterische Debatte. © Heinz-Werner Rieck

Dass eine gute Infrastruktur auch Einbrecherbanden für ihre Beutezüge, sei den Piraten zwar bekannt, sagt Herrmann, er kritisiert aber die „hysterische Debatte“ zu diesem Thema. „Die Fallzahlen verschiedener Delikte schwanken seit Jahren. Bei der Polizei hat es eine Delle bei den Neueinstellungen gegeben. Das sollte aufgeholt werden, ansonsten sollte es aber beim Status Quo bleiben.“ Die Beamten müssten aber gerade in ländlichen Gegenden auch vor Ort erreichbar sein.

Herrmann zieht es in die Bundespolitik

Ob die Piraten bald noch im Landtag erreichbar sein werden, muss derzeit bezweifelt werden. „Ich hoffe, wir erreichen mehr als eine Eins vor dem Komma. Aber wir haben viele Ideen angestoßen und den Finger in die Wunde gelegt. Das darf nicht aufhören“, sagt Frank Herrmann.

Er selbst werde aber so oder so nicht mehr im Landtag sitzen, sagt er: „Meine Themen Datenschutz, Privatsphäre und Überwachung sind eher bundesweit relevant. Deshalb werde ich für meine Partei bei der Bundestagswahl im September antreten.“