Der 16-jährige Julius Seifert betreibt Golf als Leistungssport. Sogar im Winter trainiert er regelmäßig. Wir werden ihn begleiten.
Die Sonne scheint, ein herrlich blauer Himmel steht über dem nur zum Teil verschneiten, riesigen grünem Platz des Höseler Golfclubs. Temperatur: Minus drei Grad. Julius Seifert steht an der Driving Range, seine Golfschläger sind dick eingepackt unter Omas selbst gestrickten Socken. Mit seinem Fernmesser stellt er die Entfernung zur Fahne fest: 148 Meter. „Ist das nicht herrlich hier draußen“, schwärmt der 16-Jährige beim Anblick des winterlichen Panoramas, entscheidet sich dann für eins seiner Eisen und schlägt den Ball mit einer unglaublichen Dynamik mal eben zur nächsten Fahne. Training im Winter gehört für die Jugend des Golfclubs dazu, und das fünf Mal in der Woche.
Wieviel Leidenschaft der Isenbügeler Julius Seifert für seinen Golfsport hat, wird einem recht schnell klar. Er gerät bei der Beschreibung seines Sports beinahe ins Schwärmen, so dass man sofort selbst Lust bekommt, den Golfschläger zu schwingen. Dass das aber gar nicht so einfach ist, hat Julius auch mal seiner Schulkasse des Werdener Gymnasiums gezeigt: „Golf wird ja von vielen nicht richtig ernst genommen als Sport, anders eben als Fußball oder Handball. Oder man wird in eine Ecke gedrängt, nach dem Motto: Golf ist nur was für ein gewisses Klientel“, weiß der 16-Jährige aus Erfahrung. Und, na klar, ganz billig ist der Golfsport nicht. Die Schläger kosten, die Mitgliedschaft im Verein ebenfalls, aber das ist bei anderen Sportarten ja auch nicht anders. Was haben seine Mitspieler nach dem Probetraining gesagt? Zumindest nicht mehr viel dagegen, „sie hatten schon viel Respekt dafür.“
Das Golf eben ein Sport für jedermann ist, das betont Julius: „Ob Kinder, Jugendliche oder auch Senioren, hier spielen eben alle und jeder so, wie er es kann“, weiß das Talent. Denn davon hat er so einiges: „Derzeit habe ich Handicap vier“, berichtet Julius – verdammt hoch und für viele Golfer nur im Traum zu erreichen. Ein Anfänger startet bei Handicap 54. Minus 54 korrekterweise, minus vier hat Julius demnach, die Profis gehen bis plus fünf. „Martin Kaymer hatte damals plus 5,5, als er Profigolfer wurde – so hoch wie bis dato noch keiner hatte“, weiß Seifert. Doch das Handicap zu halten, ist verdammt schwer, er war schon bei drei. „Jeder Golfplatz hat 18 Löcher, man sagt, jeder hat ungefähr Par 72, also man braucht, wenn alles perfekt läuft, 72 Schläge. Ich darf mit Handicap vier maximal eben vier über Par sein.“ Jeder kleine Fehler wird dann schnell bestraft, der Druck ist immens.
Angefangen hat Julius schon mit sechs Jahren. „Ich hatte damals mit Fußball aufgehört und habe jede Menge Sportarten getestet“, berichtet der sympathische Jugendliche. Zwar haben seine Großeltern schon immer Golf gespielt, zum ersten Mal ging er jedoch mit Nachbarn golfen. „Und ich war direkt Feuer und Flamme“, weiß Julius noch. Zwar war er auch in anderen Sportarten sehr gut, vor allem im Basketball: „Für einen Golfer bin ich mit 2,02 Metern schon sehr groß. Beim Basketball war ich sogar im Nachwuchskader, aber ich habe mich bewusst für das Golfen entschieden, auch wenn ich beim Basketball vielleicht sogar noch etwas besser war“, berichtet Julius lachend.
Täglich mehrere Kilometer laufen
Sport in der Natur machen zu können, an meist wunderschönen Plätzen, ist auch mit ein Grund dafür. Da kommen dann schon mehrere Kilometer Laufen täglich zusammen. „Golfen ist ein Sport, der alles trainiert, den ganzen Körper, und bei dem man unheimlich viele Kalorien verbraucht“, weiß Julius, der sich auch dementsprechend gut ernährt.
Dass Julius auch ein unglaubliches Golftalent ist, stellt er seit drei Jahren unter Beweis. „Seitdem betreibe ich das schon richtig als Leistungssport“, erklärt er. Vorher war er im Essener Verein Etuf. Er spielt in der Schulmannschaft seines Gymnasiums, konnte hier 2015 das Deutschland-Finale erreichen. Zudem wurde er Deutscher Vizemeister mit der Höseler Jugendmannschaft in der Altersklasse 14 und erreichte einen guten Platz in der Altersklasse 18 im letzten Jahr.
Auch die Familie ist begeistert vom Golf
Viel Wert auf seinen Nachwuchs legt der Höseler Golfclub wie kaum ein anderer in der Umgebung: „Wir werden schon sehr unterstützt und gefördert. Bei uns gehören die Trainer dazu, die müssen wir nicht extra bezahlen“, berichtet Julius. Das macht dann auch den Erfolg der Mannschaft aus, denn alle Jugendspieler stehen über das Jahr hinweg eigentlich täglich auf dem Golfplatz, oft begleitet durch einen der beiden Trainer. Einer kümmert sich dabei um das Mentale sowie die Fitness der Spieler, der andere um die Technik.
Fünf mal die Woche im Winter, sechs Mal im Sommer, dazu kommen jedes Jahr rund 50 Turniere. Wird das nicht irgendwann zu viel? „Meine Mannschaft, das sind ja mittlerweile meine Freunde. Und hier kann man sich eben über seine Leidenschaft Golf unterhalten, über neue Schläger reden, das kann man mit Mitschülern nicht so gut“, berichtet Julius. Sein Leben ist eben das Golfspielen, auch seine Eltern sind mittlerweile infiziert. „Wir schauen uns dann abends auch Golfspiele im Fernsehen an“, sagt Julius. Nein, genug bekommt er nie von seiner Leidenschaft: Selbst den heimischen Garten ziert ein dekoratives Loch Nummer 18.
Und übrigens: Die Bommel, die an den von der Oma selbst gestrickten Socken für die Schläger hängen – die hat Julius natürlich selber gemacht, genauso, wie er auch seine Schläger teilweise selber mitbauen konnte. Seit einem Praktikum bei einem Golfschlägerhersteller weiß er einfach alles über die Herstellung, über die Materialien, welcher weich, welcher hart ist. „Das hilft natürlich extrem, so weiß ich noch viel besser, welchen Schläger ich wann verwenden sollte.“
Seine Ziele für diese Saison sind aber erstmal: „Ich möchte mental stark bleiben, denn dann läuft der Rest von alleine.“ Ob Julius Profi werden will? „Auf dem Level, auf dem ich jetzt bin, möchte ich schon bleiben und gerne Profigolf spielen. Ich möchte nach der Schule nach Amerika gehen. Hier kann man dann auf Golf-Colleges neben dem aktiven Betreiben des Golfsports auch studieren“, berichtet Julius. Dann möchte er gerne in ein Bundesland, dass das ganze Jahr über Sonne hat. „Golfen im Winter ist zwar auch schön, aber schöner ist es dann doch, wenn man nicht viele Klamotten übereinander haben muss.“